Der neue Umweltminister Peter Altmaier ist nicht zu beneiden. Angela Merkel hat nun vorsorglich die „Energiewende“ zur Chefsache erklärt und angekündigt, sich im halbjährlichen Turnus mit den Ministerpräsidenten der Länder zusammenzusetzen, um über den Fortgang des als „Revolution“ gepriesenen Unterfangens zu beraten. Doch schon das erste Treffen wurde, wie zu hören ist, wegen der unübersichtlichen Interessenlage zu einem Hauen und Stechen quer durch die Parteien. Wird die Kanzlerin die aus dem Ruder laufende Revolution überhaupt noch zähmen können, bevor diese ihre eigenen Kinder frisst?
Wie zu Zeiten der Tonnenideologie des kommunistischen Ostblocks wurden in den letzten Jahren in Deutschland, angelockt durch staatlich festgesetzte hohe Einspeisevergütungen für nicht marktreife Energietechniken, auf Teufel komm raus zigtausende Windräder und Millionen von Solarpanelen installiert, ohne dass jemand wüsste, wie der von ihnen witterungsabhängig produzierte Strom im Netz untergebracht werden kann. Da Wechselstrom nicht gespeichert werden kann, muss in jedem beliebigen Moment in etwa so viel Strom verbraucht werden, wie produziert wurde, damit seine Frequenz vorgegebene Toleranzgrenzen nicht über- oder unterschreitet. Andernfalls kommt es wegen der Gefahr der Zerstörung von Generatoren zu einer Kettenreaktion von Notabschaltungen herkömmlicher Kraftwerke und in deren Folge zu einem großflächigen Blackout, der Tage andauern kann. Was dann in einigen Ballungsgebieten mit sozialen Brennpunkten los wäre, kann man sich leicht ausmalen…
Die Verschandelung der gewachsenen Kulturlandschaft durch unzählige Windräder ist das gewollte Symbol der „Energiewende“. Doch die inzwischen aufgebaute Windkraft-Kapazität von über 27.000 Megawatt ersetzt bis dato wegen ihrer eingeschränkten Verfügbarkeit gerade einmal 1.900 MW konventionelle Kraftwerkskapazität. Windräder sind also potemkinsche Konstruktionen, die den Machtanspruch der Grünen aller etablierten Parteien demonstrieren. Hinter der zur Schau gestellten Wende vollzieht sich in Wirklichkeit eine heimliche Renaissance der Kohle. Die Braunkohle ist nach der Abschaltung von sieben Kernkraftwerken in Deutschland wieder zum wichtigsten Primärenergieträger geworden. Daran wird sich in den kommenden Jahren wohl nicht viel ändern, auch wenn wegen mangelnder Rentabilität und des Widerstandes in der Bevölkerung kaum noch neue Kohlekraftwerke gebaut werden.
Der unkoordinierte Aufbau witterungsabhängiger Kapazitäten hat also unsere Abhängigkeit von „fossilen“ Energieträgern und den Ausstoß so genannter Klima-Gase kaum vermindert. Stattdessen hat er zu einer Explosion der Stromkosten geführt. Denn die Produzenten von Wind- oder Solarstrom bekommen ihre Einspeisevergütung – egal ob der von ihnen ins Netz eingespeiste Strom gebraucht wird oder nicht. Über einen Aufschlag auf den Strompreis müssen die Endverbraucher die Kosten der losgetretenen Lawine tragen. Die Deutschen bezahlen schon jetzt die höchsten Strompreise in Europa. Die Strompreise für Privathaushalte sind seit der Jahrhundertwende um 77 Prozent gestiegen. Die darin enthaltenen Steuern und EEG-Abgaben belaufen sich inzwischen auf jährlich fast 24 Milliarden Euro. Innerhalb der vergangenen 15 Jahre ist dieser Anteil um sage und schreibe 1.000 Prozent gestiegen!  Die EEG-Abgaben allein belaufen sich auf über 14 Milliarden Euro. Ein Versuch der Bundesregierung, die Progression der EEG-Umlage zu stoppen, scheiterte an einer Zweidrittel-Mehrheit im Bundesrat, denn überall sitzen Profiteure des EEG. Ein 3-Personenhaushalt bezahlt jetzt schon monatlich über 75 Euro für Strom. Für nicht wenige kommt nun die Armut aus der Steckdose. Experten erwarten, dass sich der Strompreis in den nächsten zehn Jahren verdoppelt. Das Gespenst der Deindustrialisierung Deutschlands nimmt Formen an, nachdem erste Firmen wegen zu hoher Strompreise pleite gingen.
Das EEG hat das einst zuverlässig funktionierende deutsche Stromversorgungssystem in ein Chaos verwandelt, in dem Improvisieren zum täglichen Geschäft wird. Jede marktwidrige staatliche Regelung zieht so weitere staatliche Eingriffe in den Strommarkt nach sich: Wegen des gesetzlichen Vorrangs der Einspeisung von EEG-Strom rechnen sich Investitionen in neue Kohle- und Gaskraftwerke nicht mehr, da diese zu Lückenbüßern degradiert werden. Solche Investitionen wären aber selbst nach Ansicht von EEG-Befürwortern notwendig, um die Stabilität des Stromnetzes bei Windflauten und Dunkelheit zu gewährleisten. Also verlangen Stromkonzerne und Kommunen nun staatliche Hilfen für den Bau von Kohle- und Gaskraftwerken. Neue Hochspannungstrassen für den Transport des Windstroms von Nord nach Süd erfordern Investitionen im Umfang von 30 bis 50 Milliarden Euro. Doch bislang sind diese nicht attraktiv, weil die Bundesnetzagentur knapp kalkulierte Netzentgelte festsetzt. Am Ende wird sich kaum noch etwas privatwirtschaftlich rechnen. Schon fordert der niedersächsische Ministerpräsident David McAllister (CDU) die komplette Verstaatlichung der Netze. Der Zug geht in Richtung totale Planwirtschaft. Ist das nur Dilettantismus oder steht dahinter Methode?   
Edgar Gärtner EIKE zuerst erschienen auf eigentümlich frei am 03. Juni 2012
 Mit Dank an Leser Harry Hain

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