An der bayerischen Landesregierung konnte man das besonders schön sehen: Der urplötzlich ergrünte Ministerpräsident Seehofer spielte eine schwierige Doppelrolle, indem er die Pläne der Kanzlerin, jetzt überall nach geeigneten Atommüll-Endlagerstätten zu suchen, wärmstens befürwortete, aber zugleich durchblicken ließ, daß doch wohl Bayern nicht gemeint sein könne. Auch andere Ministerpräsidenten bezeugten zähneknirschend ihre Freude über das Kuckucksei.

Weshalb ist dies alles ein Märchen ?

Die Antwort lieferte am 17.6.2011 Dr. Klaus Tägder in einem "Aufgabe erfüllt" getitelten Leserbrief an den Bonner Generalanzeiger.

Zitat: "Diverse Politiker haben die Debatte um einen Endlagerstandort wieder angestoßen. Alle geologischen Aspekte müssten auf den Prüfstand, Deutschland müsse erst mal ausgeleuchtet werden. Ihnen sei gesagt – und eigentlich sollten sie es wissen: Diese Aufgabe hat das Bundesamt für Geowissenschaften und Rohstoffe bereits vor Jahren erfüllt. In seinem im August 2006 vorgelegten Bericht fasst das Amt die Forschungsergebnisse über Regionen mit den in Deutschland potenziell geeigneten Gesteinsformationen Steinsalz, Kristallin und Tongestein zusammen. Als Grundlage der Bearbeitung dienten alle verfügbaren Daten aus Karten, Archivmaterial und Bohrungen, heißt es in dem Bericht. Fernerhin: "Für die Auswahl von potenziellen Wirtsgesteinen für die Endlagerung ….in tiefen geologischen Formationen in Deutschland wurden international anerkannte geowissenschaftliche Auswahlkriterien und Mindestanforderungen sowie zusätzliche aus geowissenschaftlicher Sicht als maßgeblich zu betrachtende Kriterien herangezogen."

Die Eigenschaften potenzieller Wirtsgesteine wurden vergleichend bewertet. In einer Karte sind die untersuchungswürdigen Regionen mit Steinsalz- und Tonformationen zusammengestellt. Kristallgestein (zum Beispiel Granit) wurde wegen eindeutiger Nachteile gegenüber Steinsalz- und Tonformationen in der Karte nicht mit aufgenommen."

Für diesen Artikel hat Klaus Tägder nun weitere, ausführlichere Informationen über die bald unendliche deutsche Endlagergeschichte beigesteuert:

Zitat: "Die bereits in den frühen 60er Jahren getroffene Empfehlung für Salz als Wirtsgestein für die Endlagerung basiert vorrangig auf der Undurchlässigkeit und der Kriecheigenschaft (Konvergenz) des Steinsalzes und somit auf dem vollständigen Einschluß der Abfälle, ferner auf der guten Wärme(ab)leitfähigkeit – eine für hochradioaktive und daher wärmeentwickelnde Abfälle wesentliche Eigenschaft.

Überdies sind die Kenntnisse über Steinsalzvorkommen in Deutschland im Vergleich zum Kenntnisstand über Tongesteins- und Kristallinvorkommen (z.B. Granit) nach Aussage des Bundesamtes BGR wesentlich größer.

Erinnert sei auch an die Erklärung der Bundesregierung zur Salzstockerkundung in Gorleben, die sie im Rahmen der Vereinbarung mit den Energieversorgungsunternehmen vom 14.06.2000 abgab. Darin heißt es (Zitat): "Die bisherigen Erkenntnisse über ein dichtes Gebirge und damit die Barrierefunktion des Salzes wurden positiv bestätigt. Somit stehen die bisher gewonnenen geologischen Befunde einer Eignungshöffigkeit (Nutzung des Salzstocks für den vorgesehenen Zweck) des Salzstocks Gorleben ….nicht entgegen." Gleichwohl erließ die Regierung ein mindestens dreijähriges, höchstens zehnjähriges Moratorium (d.h. Untätigkeit) in der Salzstockerkundung zur zwischenzeitlichen Klärung sicherheitstechnischer Fragen. Diese Klärung lieferte im Ergebnis keine neuen Erkenntnisse. Dieses Moratorium war somit ein politischer Schachzug, um das Argument der fehlenden Endlagerung so lange wie möglich aufrecht erhalten zu können.

Wieso war die Wahl auf Gorleben gefallen ?

Die Standortsuche, die bereits 1964 einsetzte, war ein 12-jähriger mehrstufiger Prozess, an dessen Ende von ursprünglich 166 in Augenschein genommenen Standorten nach zuvor festgelegten, breit gefächerten Auswahl- und Ausschlusskriterien nur zwei gleichwertige Standorte, beide in Niedersachsen, übrig blieben. Einer davon war der Standort Gorleben, für den sich die Niedersächsische Landesregierung 1976 entschied. Die Entscheidung fiel im

Konsens zwischen Bund, Land, Standortregion und –gemeinde ! Über Einzelheiten des Entscheidungsprozesses gibt die vom Niedersächsischen Umweltministerium 2010 vorgelegte Expertise zur Standortauswahl ausführlich Auskunft.

Sind sich die Politiker, die Deutschland auf weitere Standorte hin "durchleuchten" lassen wollen, eigentlich darüber im Klaren, daß sie eine Kette von Untersuchungen fordern, von denen jede einzelne auf die Erarbeitung des umfassenden Kenntnisstandes hinausläuft, den man gegenwärtig über den Salzstock Gorleben hat? Nur so ließe sich ein wirklicher Vergleich durchführen. Ein derartiger Vergleich bedeutet nichts anderes als die vielfache Anwendung der gleichen Untersuchungstiefe, die nach Absolvierung der Standort-Vorauswahl schließlich bei Gorleben angewendet wurde. Und das würde sehr teuer werden:

Die Kosten allein der Salzstockerkundung in Gorleben belaufen sich bisher auf ca. 1,6 Milliarden Euro, die nach dem Verursacherprinzip fast vollständig von den Abfallverursachern bereits aufgebracht werden mußten. Angesichts der von der Bundesregierung bestätigten positiven Untersuchungsergebnisse zum Salzstock Gorleben hätten sie nun wohl gute Aussichten, sich gerichtlich gegen die erneute Kostenübernahme von alternativen Standort-Intensivuntersuchungen zu wehren, die in jedem Einzelfall abermals um eine Milliarde kosten können.

Eine intensive Suche nach anderen Standorten könnte unter Umständen dazu führen, daß man einen findet, der gewisse Vorteile gegenüber Gorleben hat, aber ebenso auch wieder Nachteile. Auf jeden Fall würde viel Zeit vergehen und sehr viel Geld verbraucht werden.

Wie müßte die Regierung vorgehen, um möglichst rasch und mit dem geringsten Geldaufwand zu einer Entscheidung über ein Endlager zu kommen?

Sehr einfach: Die Prüfung von Gorleben zu Ende bringen. Eine endgültige Entscheidung über die Eignung dieses Standortes ist in Kürze möglich und würde ca. eine weitere Milliarde Euro kosten. Bei einem "ja" wäre die Hängepartie zu Ende.

Nur bei einem "nein" müßte man eine Suche nach alternativen Standorten beginnen."

(Zitat Ende). 

Aber bei diesem Vorgehen hätte man ja in absehbarer Zeit mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit, die sich aus den  bisherigen gründlichen Vorarbeiten ergibt, das geeignete Endlager gefunden: Gorleben. Es wäre der Abschied von dem Dauerargument der ungelösten Endlager-Frage und es sieht nicht danach aus, daß jemand ehrlich eine Antwort wünscht.

Dr. Günter Keil, Dr. Klaus Tägder

Die gesamten Märchen (Dreizehn & zwei) finden Sie als pdf Datei im Anhang. Die Anhänge in den Vorläuferartikeln (s. o.)wurden entsprechend erneuert.

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