Nr. 4: Das Märchen von den umweltfreundlichen "erneuerbaren" Energien

Daß Energie nicht erneuerbar ist, lernt man im Physikunterricht. Das widerspricht nämlich den Hauptsätzen der Thermodynamik. Deshalb sagt die Tatsache, daß die Deutschen einem energiepolitischen Gesetz diese falsche Bezeichnung gaben, bereits einiges über die Kenntnisse der Gesetzesmacher aus. Genauer ist die Bezeichnung regenerative Energien.

Gemeint sind Windstrom, Solarstrom- und –Wärme, Wasserkraft-Strom, energetische Biomassenutzung und Geothermie.

Was die bisherige Biomasse-Nutzung anbelangt, hat Umweltminister Norbert Röttgen schon den Rückzug angetreten. In seiner Verteidigungsrede für den von den Autofahrern abgelehnten E 10 – Sprit behauptete er schon gar nicht mehr, daß dieser der Umwelt nutzen würde. Zu groß war die Kritik von allen Seiten, sogar vom hauseigenen Umweltbundesamt: Verbrennung von Lebensmitteln bei weltweit – gerade deshalb – steigenden Lebensmittelpreisen, Hunger, Abholzung von Tropenwäldern für den Anbau von Ölpalmen, riesiger Flächenverbrauch, Monokulturen, Rückgang der Artenvielfalt, großer Düngemitteleinsatz, dazu noch eine negative CO2-Bilanz. 

Eine Studie des WWF beklagt den durch das EEG ausgelösten Kampf um Agrarflächen: Die EEG-Subvention liegt mit 3.000 Euro pro Hektar (ha) fast 10-fach über der EU-Subvention von 340 Euro/ha  für traditionelle Bauern. die Landwirte geraten in Bedrängnis, da sie bei Neuverpachtung nicht mit den Betreibern der Biogasanlagen konkurrieren können.

(FAZ vom 22.2.2011).

Eine dermaßen die Menschen und die Umwelt schädigende Energietechnik, die wegen ihrer negativen CO2-Bilanz auch nicht das Etikett "erneuerbar" verdient, hat es noch nicht gegeben.

Dennoch gehört auch diese Technik zu den Hoffnungsträgern der Energiewende, denn im Gegensatz zu Wind- und Solarstrom kann man mit Biogas zu jeder Zeit Strom erzeugen, obwohl statt dessen die Veredelung zu Erdgas und dessen Einspeisung in das Gasnetz die im Biogas steckende Energie wesentlich effizienter nutzen würde – was der deutlich kleinere Unfug  wäre.

Aber seit die GRÜNEN an der Regierung waren, ist "erneuerbare" Stromerzeugung zu buchstäblich jedem Preis – siehe Photovoltaik-Solarstrom – ein energiepolitisches Prinzip jeder Bundesregierung. Auch wenn der hauptsächliche Energieverbrauch in unserem nicht vom Klima verwöhnten Land weit überwiegend in die Hausheizung geht und weil deshalb z.B. die Solarthermie, die Pelletheizung, die Wärmepumpe, die Modernisierung von Heizungsanlagen oder die Fernwärmenutzung Priorität vor jedem Stromerzeugungs-Krampf haben müßten. Das wäre ideologiefreie Energiepolitik.

Beschwichtigungsversuche unter Verweis auf die noch tief im Versuchsstadium steckende Biomassenutzung "der 2. Generation" (ohne Lebensmittel-Verbrennung) gehören zum Thema Hoffnungstechnologien – siehe das Märchen vom Technologiesprung – und sollten nicht ernst genommen werden, da dies bis zur Marktreife und –Durchdringung noch ca. 20 Jahre dauern wird.

Das Flächenverbrauchs-Argument trifft aber ebenso auf die Windkraft und den Solarstrom im Vergleich zu konventionellen Kraftwerken zu:

Windkraft: Um rechnerisch die Strommenge eines Kernkraftwerks der Größe des Meilers Philippsburg 2 (Nettoleistung 1.400 MW )  zu erzeugen, wären 3690 Windräder an Land (2 MWp mit je 0,2 km2 Flächenbedarf) nötig.  Das Kernkraftwerk produzierte 2010 die Strommenge von 11.8 Gigawattstunden (11,8 Milliarden Kilowattstunden).

Der Flächenbedarf für die Windräder wäre etwa 370-mal so groß wie für das Kernkraftwerk. Insgesamt würden sie 738 Quadratkilometer beanspruchen.

(Angaben für die Windkraft: Wolf v. Fabeck, Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V., 27.8.2009)

Würde Deutschland im Jahr 2050 seinen Strom komplett "erneuerbar" erzeugen, benötigten die Windräder (dann 4 MWp , á 0,32 km2) für ihren Anteil an geschätzten 870 Mrd KWh etwa eine Fläche von 43.500 Quadratkilometern. Das wäre 90% der Fläche Niedersachsens.

Biogas-Kraftwerke: Würde mit Biomasse – etwa Mais – das Gas erzeugt, um ein herkömmliches Gas-Dampf-Kombikraftwerk (GuD) zu betreiben, wären 667 Quadratkilometer Anbaufläche nötig. Dies entspricht etwa dem 11.500-fachen der GuD-Kraftwerksfläche und 93.417 Fußballfeldern.

Hierzulande wären 10.100 Quadratkilometer nötig für den Biomasseanteil einer komplett auf "erneuerbaren" Quellen basierenden Stromerzeugung.  Das wäre dann 174.137-mal die GuD-Fläche – und entspricht 6 Prozent der Landwirtschaftsfläche in Deutschland.

Solarstromanlagen:  Für den Solaranteil am Strommix der Zukunft berechnete die T.U. München zusammen mit Siemens einen Flächenbedarf von 1.073 km2.

Aus der DLR-Studie (s.u.) gehen 700 – 900 km2 hervor. Der größte Teil davon kann auf Dächern Platz finden.

(Daten zu den 3 o.g. Stromerzeugungs-Methoden beruhen auf der "Leitstudie 2010" des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt, DLR)

Im Vergleich: Ein 1.400-MW-Kernkraftwerk besetzt maximal 2 km2 an Fläche. Der neue 1.600-MW-Europäische Druckwasserreaktor der 3. Generation EPR (in Finnland und Frankreich im Bau) besetzt 60 Hektar = 0,6 km2. Für Steinkohlenkraftwerke gilt das Gleiche. Bei Braunkohlenkraftwerken muß der Tagebau eingerechnet werden: 10 – 20 km2.

Rechnet man die Ziele der Energiewende für den Anteil der "Erneuerbaren" an der Stromerzeugung in den Flächenverbrauch um, dann müßte Deutschland seine Landwirtschaft weitgehend einstellen – außer natürlich für Mais, Weizen und Raps.

Die Energiewende als ökologische Katastrophe ? Als Vorbild ungeeignet.

Nr. 5: Das Märchen vom großen Energie-Einsparpotenzial

Zum festen Bestandteil aller geschönten und grenzenlos optimistischen Prognosen über den kommenden Siegeszug der "Erneuerbaren" gehört das Märchen vom enormen Einsparungspotenzial an Primärenergie und insbesondere Strom. Denn setzt man große fiktive Einsparungsmöglichkeiten in seinem Konzept an, hat das den schönen Vorteil, daß man viel weniger regenerative Energiequellen und auch nicht so viele Stromspeicher braucht, um die Phantasieziele wenigstens auf dem Papier zu erreichen.

Kein Wunder also, daß auch wieder im Energiekonzept der Bundesregierung hoffnungsvolle Sätze stehen, wie "In Deutschland bestehen weiterhin ganz erhebliche Potenziale zur Energie- und Stromeinsparung" und "In der deutschen Industrie besteht nach wissenschaftlichen Studien ein wirtschaftliches Einsparpotenzial von jährlich 10 Mrd. Euro."

Und dann auch noch: "(Es) bedarf aber noch vielfältiger Anstöße, um Deutschland auf den Weg zu einer der energieeffizientesten Volkswirtschaften der Welt zu bringen."

In den quantitativen Zielen des Energiekonzeptes steht dann auch als eine der wichtigsten Vorgaben:

"Die Verminderung des Primärenergieverbrauchs bis zum Jahre 2050 um 50% gegenüber 2008; und bis 2020 eine Verminderung um 20%. Das erfordert pro Jahr eine Steigerung der Energieproduktivität um durchschnittlich 2,1%, bezogen auf den Endenergieverbrauch."

Und weiter:

"Wir streben an, bis 2020 den Stromverbrauch gegenüber 2008 in einer Größenordnung von 10% und bis 2050 von 25% zu vermindern." 

1. Zur Energieproduktivität:

Üblicher ist es, die Energieintensität einer Volkswirtschaft zu verfolgen, das ist diejenige Energiemenge, die zur Erzeugung eines bestimmten Brutto-Inlandsproduktes BIP erforderlich ist. 

Gemessen wird sie international in Tonnen Öl-Äquivalent pro 1000 US-$ BIP.

Die Energieintensität ist somit umgekehrt proportional zur Energieproduktivität – die Wirtschaft arbeitet folglich rationeller, wenn die Energieintensität sinkt; also weniger Energie für den gleichen Produktionswert benötigt wird.

Die obige Forderung bedeutet also, daß die Energieintensität jährlich um 2,1% sinken sollte.

Zu den Tatsachen:

Das statistische Bundesamt hat berichtet, daß die Energieintensität in Deutschland vom Jahre 1991 – das man mit 100 Punkten angesetzt hat – bis zum Jahre 2006 auf 80,5 Punkte, also um 19,5%, zurückgegangen ist.  Und das ganz ohne Energiekonzept einer Regierung, sondern durch die ständigen Bemühungen der Industrie, die die Aufgabe der rationellen Energieverwendung seit den 50er Jahren als eine Selbstverständlichkeit systematisch betreibt.

Die Energieintensität ist folglich 15 Jahre lang mit durchschnittlich 1,3% jährlich gesunken – und das ist ein großartiges Ergebnis.

Diese unter hohen Kosten und Anstrengungen über einen langen Zeitraum erzielte Erfolgsquote kann nicht durch das Bedrucken von Papier mit der Zahl 2,1%  erhöht werden.

Interessant ist auch ein Blick auf die Nachbarländer: Unter 25 europäischen Ländern liegt Deutschland in der Spitzengruppe an 5. Stelle bezüglich einer niedrigen Energieintensität.  Geringfügig besser sind Dänemark, Irland, Östereich und Italien. Berücksichtigt man aber die Tatsache, daß Deutschland mit seiner erfreulicherweise noch vorhandenen Schwerindustrie sowie weiteren energieintensiven Grundstoffindustrien und dem Maschinen- und Fahrzeugbau eine Industriestruktur besitzt, die wesentlich stärker als die der genannten Länder ist und deshalb für seine Produktion auch mehr Energie benötigt, dann erkennt man, daß Deutschland hier unter den Industrieländern  eine Spitzenposition einnimmt.

Es bedarf deshalb keiner "Anstöße" durch eine Regierung, "um Deutschland auf den Weg zu einer der energieeffizientesten Volkswirtschaften der Welt zu bringen", denn Deutschland ist längst der Spitzenreiter.

2. Zum Energieverbrauch, speziell zum Stromverbrauch

Auch hierzu gibt es für jedes Jahr präzise Zahlen.

Der Bruttostromverbrauch betrug in den alten Bundesländern:

– 1981 : 375    Mrd. KWh

– 1995:  462      "       ".

   Das war eine Steigerung von 23,2% in 15 Jahren.

In Gesamtdeutschland verlief der Stromverbrauch wie folgt:

–  1990:  550,7 Mrd. KWh

–  1991, 1992 und 1993 ein Rückgang um 4,2% bis auf 528,0  Mrd. KWh

–  1994 bis 2007 ein stetiger Anstieg auf 618,1 Mrd. KWh

–  2008 und 2009 ein Rückgang um 5,8% auf 582,5 Mrd. KWh

–  2010 mit einem kräftigen Anstieg um 4,3% auf den Endstand von 607,5 Mrd. KWh.

   Das war eine Steigerung von 10,3% in 20 Jahren.

Daraus kann man folgende Erkenntnisse ableiten:

– Der Stromverbrauch steigt stetig und nur Wirtschafts- und Finanzkrisen können diesen 

  Trend kurzfristig unterbrechen.

– Das Wirtschaftswachstum des Industrielandes Deutschland führt automatisch zu

  einem Anstieg des Stromverbrauchs.

– Die dank der Anstrengungen der Industrie sinkende Energieintensität – s.o. –

  verlangsamt den Anstieg des Stromverbrauchs – aber es bleibt ein Anstieg.

– Der einzige Weg zu einem deutlichen Rückgang des Stromverbrauchs ist eine harte Wirtschaftskrise. Genau das hat man beim Zusammenbruch des Ostblocks gesehen.

  Insofern sind die Wunschzahlen im Energiekonzept zu einer Verringerung des Stromverbrauchs  wirklichkeitsfremd. Sie sprechen ein hartes Urteil über das Niveau des Sachverstands und das Vorherrschen reinen Wunschdenkens bei den Verfassern.  Und ein ebenso hartes Urteil über die Regierung!

Wenn es der Regierung um eine realistische Energiepolitik ginge, hätte sie z.B. die VDE-Prognose von 2008 "Effizienz und Einsparpotenziale elektrischer Energie in Deutschland – Perspektiven bis 2025 und Handlungsbedarf"  beachtet und ernst genommen.

Darin wurden die tatsächlich noch vorhandenen Einsparpotenziale identifiziert, vor allem bei:

– Kraft- und Wärme-Kopplung;

– Haushaltsgeräten;

– Wirkungsgraden von Kleinmotoren;

– und der Optimierung von Gesamtanlagen.

Es wurden optimistische und pessimistische Szenarien durchgerechnet und das  dazwischen liegende, wahrscheinliche Ergebnis präsentie

"Unter der Annahme realistischer Verbrauchs- und Effizienzprognosen wird der Stromverbrauch bis 2025 um rund 30% zulegen."

Der VDE erklärte zu diesem Ergebnis: "Bei diesem Szenario gibt es eine deutlich verbesserte Effizienz der Stromnutzung (s.o), jedoch einen Mehrverbrauch bei neuen und zusätzlichen Anwendungen."

Man benötigt wenig Phantasie, um sich vorzustellen, was aus den "ehrgeizigen" (ein von vorsichtigen Kritikern an Stelle des Wortes "unrealistisch" gern benutztes Adjektiv) Zielen des Energiekonzeptes der Bundesregierung geworden wäre, wenn man den Schätzungen diesen Anstieg des Stromverbrauchs zusammen mit der Speicher-Misere und den absehbaren Stromnetz-Engpässen zu Grunde gelegt hätte.

Nr. 6: Das Märchen von den neuen Stromspeichern

Seit der Einführung des Erneuerbare Energien-Gesetzes EEG, mit dem der Wetter- und Tageszeit-abhängige, deshalb wild schwankende und unzuverlässige Wind- und Solarstrom massiv durch Zwangssubventionen über den Strompreis gefördert wird, sind 10 Jahre vergangen.

Daß dieses Stromangebot, das für die Stromnetzbetreiber der reine Alptraum ist, bei Erreichen einer bestimmten Größe mit seinen schnellen Schwankungen die Stabilität des Netzes ruiniert und damit durch Blackouts die Stromversorgung gefährdet ist, haben die seither drei Regierungen 10 Jahre lang nicht bemerkt.  Sie haben aber in dieser Zeit fleißig neue Windparks und Solarstrom-Farmen eingeweiht, was gute Pressefotos einbrachte.

Jetzt aber ist  Groschen Nr.1 gefallen, nachdem die Warnungen immer unüberhörbar  wurden: Man sah tatsächlich ein Problem mit dem Ökostrom. Anschließend folgte  die Erkenntnis: Wenn die zum Ausgleich dieser Schwankungen eingesetzten konventionellen Kraftwerke nicht mehr ausreichen, braucht man riesige Stromspeicher.

Dann fiel Groschen Nr.2: Diese Speicher hatte man gar nicht.  Es gibt zwar einige Pumpspeicherwerke, aber deren Speicherleistung von 6.020 MW deckt im Idealfalle – fast leere Speicher bei Beginn der Starkwindphase – nur 17% Prozent der bereits heute benötigten Kapazität ab (s.u.).

Die AG Energiebilanzen e.V. hat zu dieser Situation folgendes veröffentlicht (1.2.2011):

Ende 2010 hatte an Deutschlands ges. Stromerzeugung von 621 Mrd KWh

– die Windenergie einen Anteil von 5,9% (bei 25.800 MWp Leistung lt. VGB PowerTech);

– und die Photovoltaik nur 1,9% Anteil (bei  9.800 MWp  lt. VGB PowerTech).

Die trotz hoher Maximalleistung geringen Anteile kommen von den geringen Vollaststunden pro Jahr:  Windstrom 18,3 -20%; Photovoltaik 9 -10%. Deshalb sind sie für die Grundlastversorgung nicht zu gebrauchen.

Angenommen, daß die von dieser großen Wind- und Solarstrom-Kapazität in einer Starkwindphase eingespeiste Leistung nur 10.000 MW beträgt, müßten bereits Speicher bereit stehen, die diese Leistung für 30 Stunden aufnehmen, also eine Speicherkapazität von 300.000 MWh (Megawatt-Stunden) besitzen.  Die deutschen Pumpspeicherwerke haben aber nur eine Gesamtleistung von 6.020 MW.

Selbst wenn man annimmt, daß zu Beginn dieser Starkwindphase alle deutschen Pumpspeicherkraftwerke fast leer sind – eine unrealistische Annahme – dann könnten diese Speicher nur eine Energiemenge von 50.000 MWh aufnehmen, also gerade einmal 17 % der erforderlichen Menge.  Es bliebe nur die Wahl zwischen sofortiger Abtrennung der Windräder vom Netz oder Netzzusammenbruch.

Auch bei einem gerade noch möglichen Ausbau der Pumpspeicherwerke könnte maximal eine Erhöhung der Speicherkapazität von 3 % erreicht werden.

(Prof. Dr. Helmut Alt, FH Aachen) 

Was tun ?

Auf die unangenehmen Erkenntnisse folgte eine politische Lösung: Es begann entsprechend dem "Märchen vom Technologiesprung" mit völlig neuen Stromspeichern, die bald die Lösung bringen würden.  An einen riesigen Ausbau der Pumpspeicher, die leider die einzig verfügbare und auch nur mit geringen Verlusten von etwa 20 bis 25% arbeitende Speichertechnik ist, wagte man gar nicht erst zu denken. Mit Recht, denn die Bürgerproteste, die den Bau sowohl des vermutlich letzten großen Pumpspeicherwerks Atdorf/Schwarzwald, das eine Leistung von 1.400 MW haben soll,  sowie auch die Baupläne wesentlich kleinerer Anlagen begleiten, machen wenig Hoffnung (s.u.).

Eine Regierung, die eine ehrliche und rationale Energiepolitik betreibt, würde nun nach dieser Erkenntnis die Errichtung aller neuen Windkraftanlagen und auch Photovoltaikanlagen stoppen und vielleicht noch versuchen, den immer wahrscheinlicher werdenden Blackout durch raschen Zubau von teuren, schnellen Gasturbinen-Kraftwerken unwahrscheinlicher zu machen.

Die Bundesregierung aber macht das Gegenteil: Noch stärkerer Ausbau von Offshore-Windstrom und unveränderte Förderung von Solarstrom stehen im BMU-Entwurf des Erfahrungsberichts 2011 zum EEG.  Im Gegenzug will man  die Abschaltung der Kernkraftwerke, die – allgemein unbeachtet und in der deutschen Fundamental-Ablehnungsstimmung auch unangenehm – tatsächlich die heute schnellste Leistungsregelung (Lastfolgeregelung) aller Kraftwerksarten (außer Gasturbinen) bieten und ironischerweise die sicherste Stütze für den Windstrom darstellen.

Aber man hat versäumt, diesen Beitrag der Kernkraftwerke rechtzeitig herauszustellen. Jetzt noch damit zu kommen, traut sich niemand mehr.

Damit verschärft die Regierung das Problem – und verlagert es teilweise auf unsere Nachbarn, die seit der Abschaltung der ersten 7 Kernkraftwerke kräftig Importstrom liefern und einigermaßen besorgt sind (siehe: Das Märchen vom deutschen Vorbild, ebenfalls: Das Märchen von der Überflüssigkeit der 7 abgeschalteten Kernkraftwerke).

Das von ihr selbst verschuldete und jetzt nochmals verschlimmerte Problem der Versorgungs-Unsicherheit bekämpft die Regierung nunmehr rhetorisch durch das Beschwören von neuen Speichertechniken, die es allerdings erst einmal zu entwickeln gilt.

Am 21. April 2011 stellte dann die Regierung eine gemeinsame „Förderinitiative Energiespeicher“ vor, in deren Einleitung nach der Zitierung des Energiekonzeptes vom 28.9.2010 und dessen unglaublich hoch gesteckten Zielen der bemerkenswerte Satz steht: „Leider stehen den notwendigen Fortschritten auf dem Gebiet der Energiespeicher vielfältige und nach wie vor zum Teil grundlegende (!) technologische Hürden entgegen.“ Dieser Mut zur Wahrheit ist zu begrüßen. Es stellt sich dann aber die Frage, wie man angesichts dieses Fehlens der wichtigsten Schlüsseltechnik für die stärkere Nutzung von Wind- und Solarstrom überhaupt dieses Energiekonzept beschließen konnte.

Die großen und wirtschaftlichen Stromspeicher waren im September 2010 noch die Katze im Konzept-Sack; schon im April 2011 stellt sich nun regierungsamtlich heraus, daß in dem Sack gar keine Katze drin ist.

Daß die Förderinitiative Energiespeicher von drei Bundesministerien (BMBF, BMWi und BMU) präsentiert wird, zeigt zugleich die Zersplitterung der Zuständigkeiten.

Unter den im Förderkonzept genannten Speichertechnologien ist einzig die „Entwicklung von großen zentralen adiabatischen Druckluftspeichern“ eine für den genannten Zweck der Netzstabilisierung  interessante und brauchbare Möglichkeit. Alle anderen dort genannten Techniken haben entweder andere Anwendungen – vor allem Elektroautos (siehe das entsprechende Märchen) – oder sind noch viel weiter von einer Realisierung entfernt, als es die adiabatischen Druckluftspeicher sind – so die „unterirdischen Pumpspeicherwerke“.

Die Hoffnungen der Regierung auf irgendwann verfügbare große und bezahlbare Stromspeicher ruhen auf folgenden Techniken:

1. Druckluftspeicher

Der zu speichernde Strom treibt Kompressoren an (Wärmeverlust), die Luft in unterirdische Kavernen pressen. Später treibt diese Druckluft Turbinen und diese wiederum Stromgeneratoren an, die den Strom ins Netz einspeisen. Bisher mußte die komprimierte Luft zusätzlich mit einer Gas-Zusatzheizung auf hohe Turbinen-Eintrittstemperatur gebracht werden; eine verlustreiche Technik.

Es existieren weltweit zwei Prototypanlagen, eine in Huntorf/Deutschland und eine in McIntosh/USA – letztere nutzt bereits einen Teil der beim Verdichten entstehenden Verlustwärme (Rekuperator-Technik).   Das Aushöhlen der Kavernen ist zudem ein Umweltproblem.

Deshalb ist gegenüber den nur 20 bis 25% Verlust bei den Pumpspeicherwerken  der bislang erreichte technische Stand der Druckluftspeicher völlig unbefriedigend. Man will deshalb künftig versuchen, durch zusätzliche Wärmespeicher die bei der Kompression entstandene Verlustwärme aufzufangen und sie der zu verdichtenden Frischluft zuzuführen (adiabatische Kompression), was die Gas-Zusatzheizung im Idealfalle überflüssig macht und für einen Speicherwirkungsgrad von geschätzt 71% in der Nähe des  Niveaus der Pumpspeicherwerke sorgen würde..

Ein erstes Entwicklungsprojekt für adiabatische Druckluftspeicherung namens ADELE stellte am 22.11.2010 die RWE Power zusammen mit ihren Partnern General Electric,  Züblin und der DLR in Staßfurt/Sachsen-Anhalt vor. Dort betreibt RWE bereits einen großen Erdgasspeicher in den Salzformationen des Staßfurter Sattels. Zuerst sollen lt. RWE-Vorstand Prof. Gerd Jäger folgende Voraussetzungen geschaffen werden: „Erfolgreiches Abschließen der technischen Untersuchungen und Planungen; Finanzierung einschließlich der erforderlichen (!) Förderung; Geologie des Standortes.“

Zu den technischen Entwicklungsaufgaben derartiger Speicher gehören:

• Die Kompressionswärme bei sehr hohen Drücke  (bis 150 bar) und Temperaturen

    (bis 650 Grad) zu speichern. D.h. die Entwicklung von Hochtemperatur-

    Wärmespeichern  (keramische oder Flüssigsalz-Speicher) mit einer Kapazität von bis zu 1200 MWtherm : DLR Stuttgart;

• Neuentwicklungen der Hochdruckverdichter, um hohe Austrittstemperaturen zu erreichen; hoher Wirkungsgrad, variabler Durchsatz, schnelle Verfügbarkeit in wenigen Minuten;

• Luftturbinen, die durch Expansion der verdichteten Heißluft auf Atmosphärenniveau Leistungen von 300 MW erreichen. Das bedeutet hohe Leistungsdichte, hohe Eintrittstemperatur, große Volumen-Ströme und –Änderungen, hoher Wirkungsgrad über den gesamten Lastbereich bei niedrigen spezifischen Kosten;

Ein derartiges Speicherkraftwerk arbeitet wirtschaftlich, wenn die Druckluft maximal eine Woche gespeichert werden kann.

Mit dem Bau der ersten  Demonstrationsanlage soll ab 2013 begonnen werden.

Es soll eine Speicherkapazität von max. 360 MWh und eine elektrische Leistung von 90 MW haben, womit nach RWE-Angaben über etwa 4 Stunden rund 50 Windräder ersetzt werden könnten.

Ende 2010 standen in Deutschland bereits 21.607 Windräder mit einer installierten Maximalleistung von 25.800 MW.

Diese Technik ist vielversprechend und vermutlich realisierbar. Aber sie befindet sich gerade am Anfang und die Erfahrungen mit vergleichbaren Entwicklungen lassen einen Zeitbedarf bis zu einem umfangreichen und damit wirksamen Ausbau von fertig entwickelten und erprobten  Speichern im Netz von 25 bis 30 Jahren erwarten.

Sinnvoll, aber viel zu spät, um die akuten Probleme im deutschen Stromnetz zu lösen und ebenfalls viel zu spät, um einen Beitrag zur Verwirklichung des Energiekonzepts der Bundesregierung zu leisten.

2.  Die Seekabel-Verbindung  zu den norwegischen Wasserkraftwerken.

Ein solches Kabel soll es bis Anfang 2017 geben: Das 530 km lange Nord Link. Es soll  1.400 MW übertragen. Das entspricht der Leistung eines Kernkraftwerks und gerade einmal 4 Prozent der schon jetzt in Deutschland installierten Windstromleistung. Fünf bis zehn dieser Seekabel wären wohl nötig, geplant sind sie nicht, und es gibt noch andere Probleme: Die meisten norwegischen Wasserkraftwerke sind keine in beiden Richtungen (bergauf und bergab) arbeitenden Pumpspeicherwerke. Sie müßten teuer und langwierig umgebaut werden – wenn es die Norweger überhaupt wollen.

Außerdem wollen alle Nordseeanrainer, die ebenfalls Windkraftanlagen gebaut haben, ebenfalls mit Seekabeln an die norwegische Wasserkraft heran. Holland hat es schon getan. Damit fällt für jeden weniger Speicherkapazität ab. Und schließlich: Schon jetzt kämpfen Bürgerinitiativen in Norddeutschland gegen die Umspannstation an Land und die neuen Hochspannungsleitungen.

3. Elektroautos – siehe "Das Märchen vom Elektroauto als Stromspeicher".

4. Pumpspeicher-Kraftwerke

Obwohl klar ist, daß die Leistung der deutschen Pumpspeicherwerke bei weitem nicht ausreicht, werden hier die letzten Planungen für Neubauten und Erweiterungen vorgestellt:

– Atorf/Südschwarzwald.  Bauherr: Schluchseewerke. Geplante Leistung 1.400 MW.

  Zwei weitere Staubecken und ein Kavernenkraftwerk. Inbetriebnahme 2020 und 2030. Speichervermögen 3,7 Mrd. KWh.

  Die dena (Deutsche Energieagentur) stellte dazu fest, daß auch dieses neue Werk nur 8%  der Strommenge puffern könne, die die Wind- und Solaranlagen bereits im Jahre 2009 erzeugt hätten.

  Der Schwarzwaldverein als Interessenvertreter der Bevölkerung hatte in den

  Anhörungen kritisiert, die "Region dürfe nicht bloß das Objekt für energiewirtschaftliche Ausbeutung werden." Die Vertreter des EVU räumten ein, daß sich die Landschaft deutlich verändern werde, "da werde man sich sicher erst dran gewöhnen müssen."

Der Kreisverband der B90/Die Grünen / Waldshut sprach sich gegen das Projekt aus.

– Riedl/Bayern.  Geplante Leistung 300 MW. Bauzeit bis 2018. Das Projekt ist politisch umstritten; eine Bürgerinitiative hat sich dagegen gebildet.

– Schweich/Mosel.  Bauherr: Stadtwerke Trier. Geplante Leistung 300 MW.

  Inbetriebnahme 2017 – 2021. Neues Projekt; noch keine Reaktionen aus der

  Bevölkerung.

– Blautal / Birkhau. Bauherr: Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm. Geplante Leistung 60 MW. Die Planung begann Mitte 2005; massive Bürgerproteste in Arnegg und Markbronn führten  zu erheblichen Planungsänderungen – auch bezüglich des Ortes der Anlage. Zur Zeit  werden Sicherheitsbedenken geltend gemacht; der Widerstand hält auch nach 6 Jahren an; ein Baubeginn ist nicht absehbar.

Die Deutschen haben in den vergangenen 20 Jahren gelernt, daß sie mit Bürgerinitiativen recht erfolgreich gegen Bauprojekte aller Art vorgehen können. Besonders die GRÜNEN haben das vorgeführt. Inzwischen hat sich das Spektrum der zu verhindernden  Vorhaben auf nahezu alles ausgedehnt und es sind jetzt besonders die angeblich dem Umwelt- oder Klimaschutz dienenden Projekte, die den stärksten Widerstand hervorrufen.  Windräder,  Hochspannungsleitungen für die Energiewende, Erdspeicher für CO2, Transformatorstationen für das Seekabel, großflächige Photovoltaikanlagen, Biogasanlagen – und besonders Pumpspeicherwerke, die extreme Eingriffe in die Landschaft verursachen. So werden selbst die wenigen theoretisch noch möglichen neuen Speicherwerke faktisch unrealisierbar.

Es gibt außerhalb des Energiekonzepts weitere Vorschläge für große Stromspeicher, die sich aber alle durch immense Kosten und meist auch größte Verluste im Bereich von 70 bis 80 Prozent auszeichnen. So gehören alle Vorschläge, die mit einer elektrolytischen Spaltung von Wasser durch Windstrom beginnen und danach den entstandenen Wasserstoff, der ja nur noch ein Brenngas ist, wieder in Strom zurück verwandeln wollen (mit Gasmotoren oder gar teuren Brennstoffzellen), zu der Gruppe kostspieligster Energievernichtungsanlagen. Trotzdem werden solche Vorschläge selbst

in bislang  seriösen Zeitschriften kritiklos als Zukunftstechnologien vorgestellt. Ein typisches Merkmal aller dieser Technikvorschläge ist das absichtliche Weglassen aller Angaben zum Gestehungspreis einer Kilowattstunde und zu den Kapitalkosten, die jedes von der Anlage erzeugtes Kilowatt Leistung verursacht. Am Fehlen dieser Angaben kann man gut die fehlende Seriosität sowohl der Erfinder und Anbieter als auch der Journalisten erkennen.

Es gibt noch eine weitere schlechte Nachricht – und sie ist von grundsätzlicher Natur:

Stromspeicher können nicht den kompletten Bedarf an Reservekraftwerken für den Ausgleich der Einspeise-Schwankungen ersetzen: Sie reduzieren nur den notwendigen Netzausbau und teilen sich die Spitzenlastversorgung mit schnell regelbaren Gaskraftwerken.

Fazit

Die einzigen genügend großen Stromspeicher, mit denen man überhaupt rechnen kann, sind die noch zu entwickelnden adiabatischen Druckluftspeicher – und sie kommen viel zu spät, während der Ausbau von Windstrom und Solarstrom immer weiter geht.  Das europäische Verbundnetz kann deren Schwankungen bald nicht mehr auffangen und ausgleichen. Im Gegenteil: Um nicht in das absehbare Chaos im deutschen Verbundnetz hineingezogen zu werden, müßten sich unsere Nachbarn abkoppeln. Diese Entwicklung ist wohl zwangsläufig. Aber die  Regierung hat anscheinend die Hoffnung, daß sie die Medien beruhigen und bis zur nächsten Bundestagswahl Zeit gewinnen kann, bevor die Probleme übermächtig werden.

Dann wird man weiter sehen.

Nr. 7: Das Märchen vom Elektroauto als Stromspeicher

"Millionen von Elektroautos können mit ihren Batterien das Speicherproblem des Wind- und Solarstroms lösen". So oder so ähnlich liest man es häufig.

Eine doppelte Illusion: In den nächsten 10 –15 Jahren wird es keine nennenswerte Anzahl von Elektroautos geben, da es trotz des technischen Wunderglaubens von Politikern, die selbst allen technischen Fächern ziemlich fern stehen, noch sehr lange keine bezahlbaren, für den Winterbetrieb geeigneten und mit ausreichender Energiekapazität ausgestatteten Batterien geben wird. Die sehr deutlichen Warnungen der Fachleute der physikalischen Chemie werden geflissentlich überhört. So betonte Christoph Huß von der VDI-Gesellschaft Fahrzeug- und Verkehrstechnik  "daß wir nicht vergessen dürfen, daß die technisch-physikalischen Grenzen elektrochemischer Energiespeicher nicht durch politische Sonntagsreden außer Kraft gesetzt werden können.“

Illusion Nr.2: Selbst wenn es einmal eine größere Anzahl von Elektroautos gibt, wird kaum einer der Besitzer bereit sein, es per Netzanschluß und Datenleitung dem Stromversorger zum Ausgleich von dessen Einspeisungs-Schwankungen zu überlassen – also die Autobatterie je nach Bedarf des EVU zu laden oder zu entladen. Denn dem E-Auto-Besitzer wird vom Hersteller sehr deutlich klar gemacht, daß die Lebensdauer seiner teuren Batterie nicht etwa durch ihr Alter, sondern allein durch die Anzahl der Lade-Entlade-Vorgänge bestimmt wird.

Wer sich auf die Benutzung seiner Antriebsbatterie als beliebig auf- und entladbarer Speicher für seinen Stromversorger einläßt, verkürzt die Batterielebensdauer erheblich. Das müßte zu ganz erheblichen Nutzungszahlungen der Stromversorger führen, zu denen sie wohl kaum bereit wären.

Der Glaube an das Elektroauto als umweltfreundliches Verkehrsmittel könnte sich sehr leicht in sein Gegenteil verkehren, wenn die abgeschalteten Kernkraftwerke – wie abzusehen ist – in erster Linie durch neue Kohlekraftwerke und ergänzend durch Gaskraftwerke ersetzt werden. Ohne regenerative Energien aber wäre der grüne Plan ein Eigentor: Wenn aus der Steckdose neben Import-Atomstrom viel mehr Kohlestrom kommt, dann "ist jeder gefahrene Kilometer mit einem E-Auto deutlich CO2-intensiver als sein konventionell betriebenes Gegenstück", erklärt Lino Guzzella, Professor für Thermotronik der ETH Zürich. Ein Großeinsatz von E-Autos würde den Klimawandel beschleunigen, statt ihn zu bremsen – falls die Theorie vom CO2 als das Klima beeinflussendes Spurengas überhaupt stimmt. Aber das ist ein anderes Gefechtsfeld.

(Jan-Philipp Hein, FOCUS 18 / 2011).

Die Politiker-Vision vom elektrisch angetriebenen Autoverkehr gab es übrigens schon einmal: Die Regierung von Bundeskanzler Kohl hatte bereits im Jahre 1992 die neue Elektroauto-Epoche angekündigt.   Zwischen 1992 und 1995 führte die Regierung – begeistert  befürwortet durch Forschungsminister Heinz Riesenhuber und eine gewisse Angela Merkel, Umweltministerin, – einen großen Feldtest für Elektroautos auf Rügen durch. Und der damalige Innenminister Manfred Kanther gab das Ziel aus, daß mindestens 10 Prozent aller neu zugelassenen KFZ im Jahre 2000 Elektroautos sein sollten.

Das erleben wir nun zum zweiten Mal.

Nr. 8: Das Märchen von der Sonne, die keine Rechnung schickt

Der Werbespruch "Die Sonne schickt keine Rechnung" ist gewiß der Anwärter für den Hauptgewinn im Volksverdummungs-Wettbewerb. Spötter haben dazu festgestellt, daß auch die geologischen Epochen Carbon und Perm keine Rechnung für die damals erzeugte Kohle schicken und daß die kosmische Katastrophe, die das Sonnensystem mit seinen Uranvorräten hervorbrachte, ebenfalls netterweise auf die Versendung von Rechnungen verzichtet hat.

Was mit diesem Verdummungsspruch verschleiert werden soll: Die Sonne scheint in Deutschland – wenn sie scheint – mit einer Leistungsdichte von nur ca. 1000 Watt (thermisch) pro Quadratmeter, woraus eine Silizium-Photovoltaikzelle etwa 90 Watt (elektrisch) erzeugt. Hoffnungen, daß sich das in Zukunft wesentlich verbessert, sind unbegründet und gehören zum technologiepolitischen Wunderglauben (siehe das Märchen vom Technologiesprung). Diese sehr alte Technik ist in den vielen Jahrzehnten bis dicht an ihre physikalische Grenze herangebracht worden; wundersame Verbesserungen, "Technologiesprünge",  wird es nicht  geben.

Dieser bei voller und möglichst senkrecht einfallender Sonne seine 90 Watt abgebende Quadratmeter kostet echtes Geld. Die Anschaffungskosten für ein Einfamilienhaus-Dach belaufen sich auf 13.000 Euro für eine Spitzenleistung von 2,5 KWp. Für den Anteil der  Solarzellen daran  zahlt man derzeit  bis 10.000 Euro – das übrigens zu gut zwei Dritteln nach China fließt, denn die chinesischen Hersteller haben die deutsche Konkurrenz längst in Grund und Boden konkurriert: Deutschland konnte 2010 gerade einmal Solarzellen für 138 Millionen Euro nach China exportieren – während von dort Konkurrenzware für 5,9 Milliarden Euro kam.

Daß China jetzt den Photovoltaik-Markt derart dominiert und die deutschen Hersteller beiseite gedrängt hat, haben unsere Medien kaum berichtet. Es ist zu peinlich. Das Sinken der Modulpreise hat man aber bemerkt. Teilweise wird dazu die Behauptung verbreitet,  dies läge an großen Fortschritten der Produktionstechnologie.

Die Wahrheit sieht jedoch anders aus: Die Technik der Herstellung von kristallinen Silizium-Solarzellen, die gegenüber den Dünnschichtzellen einen deutlich höheren Umwandlungs-Wirkungsgrad besitzen und trotz höherer Preise den Markt dominieren, ist durch eine lange Kette von schwierigen Bearbeitungsschritten gekennzeichnet, die sich sämtlich einer Automatisierung entziehen. Es beginnt mit dem langwierigen Ziehen der großen Siliziumkristalle aus der Schmelze, gefolgt vom Sägen dünner Scheiben, dem Schleifen, Läppen und Polieren, dann dem Ätzen und Reinigen. Es folgen die Prozesse der Silizium-Halbleitertechnik: Dotieren der Si-Scheiben entweder im Diffusionsofen oder durch den Beschuß mit elektrisch beschleunigten Atomen (Implantieren), wieder Reinigungsarbeiten, dann Kontaktieren durch Aufdampfprozesse im Vakuum, anschließend Zuschneiden der Zellen. Die meisten dieser Arbeiten müssen unter Reinraumbedingungen erfolgen. Sie erfordern an allen Stationen in extremer Weise Handarbeit durch geschultes Laborpersonal – und der begleitende Energieverbrauch ist dermaßen hoch, daß die Solarzellen zwei bis drei Jahre arbeiten müssen, bevor sie die für ihre Herstellung aufgewendete Energie wieder "verdient" haben. Eine Kostenreduktion durch Erhöhung des Produktionsvolumens, wie es bei allen Verfahrenstechniken möglich ist,  wird durch die technologiebedingt kleinen Anlagen (Ausnahme: die Implantationsaggregate) und deren Bedienung verhindert: Für die zehnfache Produktion braucht man auch zehn mal mehr Anlagen und zehn mal mehr Personal.

Es sind diese beiden prinzipiellen Handicaps, die deutsche Hersteller von Anfang an in eine fast aussichtslose Position gegenüber chinesischen Herstellern gebracht haben: Der sehr hohe Lohnanteil und der hohe Energieverbrauch.  Hier konnte China seine großen Vorteile ausspielen, die mit Technologie nichts zu tun haben.  Sowohl die deutschen Löhne als auch die Strompreise sind hierzulande viel höher. So kam es rasch zu deutlichen Preissenkungen und einer Eroberung des Photovoltaik-Marktes durch chinesische Hersteller.

Zwar gab es auch technologische Fortschritte bei der Effizienz der Zellen, aber das trug nur in geringem Maße zum Preisrückgang bei.

Wäre in der rot-grünen Regierung, die das Milliarden verschlingende Erneuerbare Energien-Gesetz EEG verabschiedete,  etwas Sachverstand über die sehr speziellen Fertigungsbedingungen der Photovoltaik vorhanden gewesen, man hätte den unvermeidlichen Verlust dieser lohnintensiven Technologie vorausgesehen und hätte sich wohl auch die großspurigen Reden über die viele tausend Arbeitsplätze schaffende Solarstromindustrie verkniffen. So fördern die deutschen vom EEG gerupften Verbraucher am Ende nur noch die chinesische Industrie.

An dieser Stelle muß auch mit dem Glauben an die Photovoltaik als Hochtechnologie aufgeräumt werden. Sie gehört zwar fachlich zur Halbleiter-Technik, ist aber hinsichtlich ihrer nicht vorhandenen Komplexität und ihrer relativ bescheidenen Ansprüche an die Fertigungseinrichtungen, das Reinraum-Niveau und die Mitarbeiter-Qualifikation in keiner Weise mit der Mikroelektronik ("Chip-Technologie") zu vergleichen.  Letztere befindet sich permanent an den Grenzen des gerade technologisch Machbaren, verbunden mit extremem apparativem Aufwand und ausgeklügelter Design-Software, stets auf dem Wege weiterer Verkleinerung und   Verdichtung der Schaltkreise bei Erhöhung ihrer Arbeitsgeschwindigkeit nebst Verringerung des Energieverbrauchs. Zwischen der ins Sub-Mikroskopische und Hyper-Komplexe gehenden Chip-Technologie und der Photovoltaik im Postkatenformat liegen technologische Lichtjahre.  Auch wenn es manchen Ideologen weh tut: Die Photovoltaik war immer "Low-Tec" – und deshalb konnte sie Deutschland nicht halten und verteidigen.

Die Deutschen sind  jetzt die Hauptabnehmer  der chinesischen Solarzellenfabriken. China selbst jedoch nicht.  Obschon etwas größer als Deutschland und auch von der Sonne bestrahlt, hat China für seine Stromerzeugung andere Pläne: Das Riesenreich installierte 2010 nur den achtzehnten Teil der 7.300 Megawatt Solaranlagen, die Deutschland  ans Netz brachte.

Jürgen Heraeus, der China-Beauftragte der deutschen Wirtschaft, stellte dazu fest: "Das haben wir uns selbst eingebrockt." Erst das Erneuerbare-Energien-Gesetz habe die chinesischen Solarunternehmen zu einer derartigen Konkurrenz gemacht. (FOCUS 15/2011).

Zu den happigen Preisen für den Kollektor selbst kommen noch der Wechselrichter (deutsches Produkt), die Montage, die Wartung, die Versicherung hinzu. 

So wurde vor 10 Jahren die alte bewährte Nischentechnik Photovoltaik, die für die Versorgung entlegener Plätze ohne Stromversorgung wie Bojen, Jagdhütten, Segelyachten, Telefonmasten in dünnbesiedelten Regionen etc. schon immer ihren Sinn hatte, durch den krampfhaften grün-roten Versuch, Kernkraftwerke durch irgend etwas ökologisch irgendwie Strom Erzeugendes zu ersetzen – möglichst mit Hilfe der symbolhaften Sonne, die keine Rechnungen schickt – zu einer extrem teuren, Milliarden verschlingenden Großtechnik aufgebaut. Die trotz einer Ende 2010 bereits installierten Spitzenleistung von ca. 16.900 MW  wegen ihres sehr geringen  Nutzungsgrades  auch nur einen geringfügigen Anteil von 1,9 Prozent an der Gesamt-Stromerzeugung von Deutschland ( 621 Mrd KWh) hatte. 

Dieser klägliche Beitrag kostet die deutschen Verbraucher, die das mit ihren Stromrechnungen bezahlen müssen, insgesamt unglaubliche 85,4 Milliarden Euro – diese Summe ist den Betreibern teils schon ausgezahlt worden, teils fällt sie noch an, da diese Einnahmen per EEG für 20 Jahre garantiert sind.

(Prof. Manuel Frondel, Prof. Christoph M. Schmidt, Nils aus dem Moore, Brennstoff-Wärme-Kraft  Bd. 63 (2011) Nr.3)

Der größte Teil dieser Milliarden dient der Anschaffung der Anlagen und den verdient jemand. Den Löwenanteil chinesische Hersteller, der Rest Zellen-Zusammenbauer und Handwerker.  

Es ist aber nicht die Sonne, so viel ist richtig.

Dr. Ing. Günter Keil.

Der dritte Teil mit den letzten sechs der (inzwischen) dreizehn und ein Märchen wird bald veröffentlicht. Alle Märchen zusammen können Sie jetzt schon als pdf im Anhang nachlesen. (Achtung: Aktualiserte Version)

Anmerkung der Redaktion 1: Dass die massive Subventionierung der Windenergie immer noch nicht ausreicht zeigt dieser Beitrag: Offshore-Branche fordert bessere Stromvergütung

* Anmerkung der Redaktion 2: Jürgen Heraäus ist Gründungsmitglied der 2 ° Inititiative "Deutsche Unternehmen für Klimaschutz"

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