Meine Lords, lassen Sie mich zuerst meine Interessenlage als Vorsitzender der Global Warming Policy Foundation kundtun. Darüber habe ich weitere Einzelheiten in diesem Hause am 2. November dargelegt. Ich muss feststellen, dass ich überhaupt nicht überrascht bin, dass dieses Gesetz die Billigung der Opposition findet. Es ist die dirigistischste Gesetzgebung, die die gegenwärtige Regierung je hervorgebracht hat.

Ich schlage vor, dass man auf die Politik und das Konzept hinter dem Gesetz schaut. Der Minister wies in seinen Eingangsbemerkungen darauf hin. 

Es ist ein Gebiet, auf dem ich sozusagen zu Hause bin. Wie der Staatssekretär für Energie und Klimawandel, mein ehrenwerter Freund Mr. Huhne, im Daily Telegraph am 16. Dezember schrieb: "So wird also heute die Koalition die Beratungen zu einer Reform einleiten, welche diesen Markt stärker verändern wird als jemals seit 1980, als die Lawson-Reform Vorbote der Deregulierung in Europa war."

Keineswegs waren jene Reformen einfach nur Angelegenheiten der Energieprivatisierung, obgleich das ein wichtiger Bestandteil war. Sie gingen weit darüber hinaus. Wie der Oxford-Professor Dieter Helm 1979 in seinem Standardwerk "Energy, the State, and the Market: British Energy Policy since 1979" geschrieben hat:
"… die Grundsätze der Energiepolitik wurden neu festgelegt, besonders nachdem Nigel Lawson ins Energieministerium gekommen war. Seine Neuformulierung der Energiepolitik in seiner 1982er Rede zum Thema "Der Energiemarkt" kann im Rückblick als eine Umsteuerung angesehen werden. Ein neues Konzept wurde beschrieben, Ausgangspunkt für vieles, was danach kam. Die Abkehr von der Planung und viele Folgemaßnahmen im damaligen Energieministerium waren revolutionär."

Der neue Ansatz sorgte ein Vierteljahrhundert lang für verlässliche Energieversorgung zu niedrigstmöglichen Preisen. Das sollte nicht ohne sehr gute Gründe über Bord geworfen werden.
Worin besteht die Begründung? Folgen wir Mr. Huhne, wie er in seiner Erklärung zur sogenannten "Elektrizitätsmarktreform" in der vergangenen Woche sagte: 

"Der derzeitige Energiemarkt hat uns wohlversorgt, aber er macht keine Langzeitinvestitionen in einem Umfang, wie wir sie brauchen, noch führt er zum günstigsten Angebot. Wenn es dabei bliebe, würden Kohlenstoffemissionen für Jahrzehnte festgeschrieben werden."

Da haben wir es. Bei allem Respekt, Mr. Huhne, im Markt kann sicher angemessen investiert werden unter der Voraussetzung, dass der Markt frei von willkürlichen Regierungsauflagen und von Ungewissheiten über die zukünftige Energiepolitik ist. Er kann den Kunden die besten Angebote machen, wie es seit mehr als einem Vierteljahrhundert der Fall ist. Natürlich würde er Kohlenstoffemissionen für Jahrzehnte festschreiben, um Mr. Huhnes Ausdruck zu gebrauchen. Und das genau deswegen, weil kohlenstoffbasierte Energie heute und für die absehbare Zukunft für die Energieverbraucher auf industrieller wie privater Seite das beste Angebot ist. Mr. Huhne hat später aber auch freimütig zugegeben:

"Derzeit gibt es eine Bevorzugung für billige fossile Energieerzeugung mit niedrigen Risiken."

So ist es, außer dass dies richtigerweise kein Bevorzugung ist. Es ist der Markt, der den englischen Energieverbrauchern das billigste Angebot macht.

Der Zweck dieses Gesetzes, oder besser, der dahinterstehenden Politik ist, mit Besessenheit die englischen Kohlenstoffemissionen zu beenden. Lassen Sie mich noch einmal aus seiner Erklärung zitieren, und das zum letzten Mal. Mr. Huhne sagte, dass "… wir mit steigender Nachfrage rechnen müssen, sinkendem Angebot und ehrgeizigen Emissionsverminderungszielen", – [Official Report, Commons, 16/12/10; col. 1064.]

Mit steigender Nachfrage haben wir es in der Tat zu tun, obwohl die massive Belastung durch die mit dem Gesetz verbundene Energiepolitik die Wirtschaft sicherlich ausreichend schädigen wird, um zu einer Abnahme der Nachfrage zu führen. Zweifellos werden wir von selbstauferlegten einseitigen Emissionsverminderungszielen behindert. Die Erwähnung eines "sinkenden Angebots" ist kompletter Unsinn. Das Gegenteil ist wahr. Und Mr. Huhne hat das ja auch zugegeben, als er vor dem Britischen Unternehmerverband CBI sagte: "Wenn wir nichts dagegen tun, wird der Elektrizitätsmarkt dem Gas einen neuen Auftrieb geben."

Ja, so sollte es auch sein.

Der dramatischste technische Durchbruch auf den Energiemärkten seit meiner Zeit als Staatssekretär vor fast 30 Jahren ist die Neuentwicklung des horizontalen Bohrens und der hydraulischen Zerlegung, wodurch die Gasförderung aus Schieferlagern wirtschaftlich und höchst wettbewerbsfähig wurde. Immerhin hat das U.S.-Energie-Informations-Büro EIA beispielsweise in der vergangenen Woche verlautbart, dass Amerikas technisch und wirtschaftlich ausbeutbare Schiefergasreserven zweimal so hoch sind, wie bislang geschätzt. Ja, die Vereinigten Staaten sind dabei, Russland als weltgrößten Gaserzeuger zu überholen – wenn das nicht schon passiert ist. Und das ist erst der Anfang.

Amerika war zuerst auf diesem Gebiet tätig – ein Ergebnis eines technischen Durchbruchs auf dem privaten Sektor, nebenbei bemerkt, völlig ohne Regierungsunterstützung oder technologische Anreize – Schiefergas gibt es im Überfluss auf der Welt, in Kanada, Europa, Asien und Australien. Wir wissen heute, dass wir in einer Welt leben, die einen Überfluss an Gas hat bis weit in die absehbare Zukunft und noch darüber hinaus. Weil es überall in der Welt vorkommt, brauchen wir nicht länger die strategische Unsicherheit zu fürchten, von Russland oder dem Mittleren Osten allzu abhängig zu sein.

Wenn es überhaupt ein Energie-Sicherheitsproblem in England gibt, so rührt das vollständig von der Besessenheit der Regierung her, mit massiven Subventionen Sicherheit erzeugen zu wollen, dazu kommen die ansteigenden Strafzahlungen und Einschränkungen für den Einsatz von Gas und die größer werdende Abhängigkeit von der Windenergie. Die von der Regierung erzeugte Unsicherheit  hat drei Dimensionen. Erstens wohnt dem Wind die Unzuverlässigkeit inne, manchmal bläst er, manchmal nicht. Zweitens ist da das Problem der Machbarkeit: ob Windturbinen in dem Ausmaß installiert werden können, wie vom Energiebedarf gefordert, ganz abgesehen von den damit verbundenen hohen wirtschaftlichen und ökologischen Kosten. Drittens ist es eine Tatsache, dass ein unverzichtbarer Bestandteil von Windturbinen Neodymium ist, ein seltenes Mineral, das auf höchst umweltverschmutzende Weise nur in China gefördert und aufbereitet wird. Damit sind wir vollständig von China abhängig.

Welche Folgen wird nun die neue, hinter dem Gesetz stehende Energiepolitik haben, deren wesentlicher Zweck ist, die englischen Energiekosten fühlbar zu steigern, indem wir uns vom billigen Gas ab- und der mit höheren Kosten verbundenen Kernkraft zuwenden, und der mit noch viel höheren Kosten verbundenen Windenergie? Es gibt drei Folgewirkungen, zwei davon werden mit Sicherheit eintreten, die Dritte nur wahrscheinlich.

Erstens: Durch die erhebliche Anhebung der Energiekosten wird die Politik in der gesamten Wirtschaft großen Schaden anrichten, ganz besonders in der Industrie. Und dies zu einer Zeit, da es klar wird, dass unsere weltweiten Wettbewerber nicht die leiseste Absicht haben, uns zu folgen. Es ist doch, gelinde gesagt, merkwürdig, dass eine Regierung an die Macht gekommen ist, weil sie angekündigt hatte, unsere Wirtschaft dadurch ins Lot zu bringen, dass die Abhängigkeit von den Finanzdienstleistungen vermindert werden sollten. Das bedeutet mehr Gewicht auf dem produzierenden Sektor. Und genau diese Regierung scheint entschlossen zu sein, eine denkbar produktionsschädigende Energiepolitik zu verfolgen, wie sie noch keine britische Regierung je verfolgt hat.

Zweitens: Trotz der Vorkehrungen in dem uns vorliegenden Gesetz wird der massive Anstieg der Energiekosten – das ist der Zweck dieser Politik – zu einer starken Zunahme der brennstoffbedingten Armut führen, in einer Zeit, wo die Lebensumstände für die Bezieher niedriger Einkommen schon hart genug sind.

Diese beiden Folgen treten mit Sicherheit ein.

Drittens: Und das ist nicht sicher aber sehr wahrscheinlich. Die dysfunktionale Energiepolitik der Regierung wird nicht zu genügend verlässlicher Elektrizität führen, um den nationalen Energiebedarf zu befriedigen. Die Lichter werden ausgehen. Der edle Lord McFall hat mit seiner Einlassung vorhin schon davor gewarnt. Alles das nur, weil englische Kohlenstoffemissionen verhindert werden sollen.

Darüber hinaus gibt es eine weitere Ironie. Pro Kilowatt erzeugter Elektrizität emittiert Gas nur die Hälfte an Kohlenstoff im Vergleich mit Kohle. Also ist gut möglich, dass England in die Lage kommen könnte, seinen Zielen für 2020 zur Verminderung der Kohlenstoffemissionen sehr nahe zu kommen, so wie sie im Klimawandelgesetz festgezurrt worden sind. Es wird unmöglich sein, die nahezu totale Entkarbonisierung zu erreichen, die für 2050 beabsichtigt ist, aber 2020, sehr wahrscheinlich noch davor, wird völlig klar sein, dass die globale Dekarbonisierung ganz einfach nicht stattfinden wird und dass es ausgesprochen absurd und nicht mehr begründbar sein wird, wenn unser Land eine einseitige nationale Dekarbonisierungspolitik weiter verfolgen würde.

Nun, während wir unter dem kältesten Winter seit Beginn der Wetteraufzeichnungen vor 100 Jahren leiden, könnte es auch weit vor 2020 selbst den grün-besessenen Ministern dämmern, dass es keinen Grund mehr für eine solche Energiepolitik gibt.

Derzeit muss die Koalitionsregierung mit Entschiedenheit und Härte eine wenig beneidenswerte Finanzerbschaft in rauem Wirtschaftsklima angehen. Ich wünsche ihr dazu alles Gute. Aber es ist Torheit, diese Aufgabe noch härter zu machen durch eine kaum begründbare Energiepolitik mit den damit verbundenen selbstauferlegten massiven wirtschaftlichen Belastungen.

Nigel Lawson, Brit. Oberhaus, 22 Dezember 2010 Lord Lawson of Blaby Vorsitzender der Global Warming Policy Foundation

mit freundlicher Genehmigung

Die Übersetzung besorgte Dankenswerterweise Helmut Jäger EIKE

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