Die krankhafte Aufrechterhaltung des Gründungsmythos als „Anti-Atomkraft-Bewegung“ ist allerdings im Internet-Zeitalter der einfach und frei zugänglichen Informationen ein gewagtes Unterfangen. Machen wir uns deshalb die Mühe, uns etwas näher mit dem „Entstehen des Atommülls“ auseinanderzusetzen. Aufklärung ist immer noch die beste Methode dem „Hexenwahn“ und anderen Geschichten der Finsternis entgegen zu leuchten. 

Nähern wir uns der Frage zuerst physikalisch: Die gute alte Physik hat schon andere herrschende Ideologien zum Einsturz gebracht. Sie machte einst die Erde zu einer Kugel und ließ diese um die Sonne kreisen. Beides mit enormen Konsequenzen für das Denken und die Entwicklung der Menschheit. So wie die Erkenntnis, dass ein Atom, welches ein Neutron einfängt, in einen hoch angeregten Zustand versetzt wird, der es entweder spaltet oder ein neues instabiles Element bildet. Bei der Spaltung wandelt sich ein Teil seiner Masse in eine gewaltige Menge Energie. So gewaltig, dass wenn man ein einziges Gramm spaltet etwa gleich viel Energie entsteht, wie bei der Verbrennung von 3 Tonnen Kohle oder 13 barrel Öl (über 2000 Liter). Für die hiesigen Betrachtungen ist nur wichtig, dass durch die Spaltung auch nur ein Gramm Atommüll entstanden ist. Wie viel Müll bei der Verbrennung von drei Tonnen Kohle entsteht, mag sich jeder selbst ausrechnen. Wegen dieser Einzigartigkeit der Kernspaltung, ist es überhaupt möglich, dass ein Atom-U-Boot mehr als 33 Jahre mit einer Brennstoffladung beständig durch die Weltmeere fahren kann und dabei den Lebensraum (einschließlich Atemluft und Trinkwasser) für hunderte von Matrosen schafft. Hier bietet sich bereits ein weiterer Anhaltspunkt für die „Gefährlichkeit“ des Atommülls: Die Menschen leben für Monate in unmittelbarer Nähe zu ihrem Reaktor und das für viele Dienstjahre ihres Lebens ohne nachweisbare Schäden. Warum ist das möglich? Nun, niemand isst Atommüll. Dieser bleibt sicher eingeschlossen und durch mehrere Barrieren von den Menschen getrennt. Ionisierende Strahlung ist technisch einfach und in beliebig geringen Dosen zu messen. Nachweisgrenzen oder das vorab wissen müssen, was man überhaupt sucht um das richtige Analyseverfahren anwenden zu können, sind bei der Radioaktivität nicht nötig. Außerdem ist radioaktive Strahlung biologisch nicht annähernd so wirksam, wie viele Menschen befürchten. Radioaktivität ist überall in der Natur vorhanden. Könnten Lebewesen nicht damit umgehen, gäbe es weder Tiere noch Menschen. Entscheidend ist – wie bei allen Giften – die Dosis. Es gibt allerdings einen entscheidenden Unterschied für die biologische Wirksamkeit: Ob man neben einer Strahlungsquelle steht (geringe „Krebsgefahr“) oder ob man radioaktive Stoffe in seinen Körper aufnimmt (Nahrung, Trinkwasser oder Atemluft). Plutonium kann man problemlos in die Hand nehmen, da die alpha-Strahlung nicht einmal die menschliche Haut durchdringt; man sollte es aber tunlichst nicht essen, da es als Schwermetall bereits ein Knochengift (chemische Wirkung) ist und bei seinem radioaktiven Zerfall auch noch „Krebs“ auslösen kann. Hiermit sind wir bei der nächsten Forderung: Man sollte radioaktive Stoffe sicher von der Umwelt isolieren, damit sie nicht in die Nahrungskette gelangen oder noch besser: Beseitigen. Doch dazu später. Zuerst noch ein paar Worte zu der Geschichte der Kerntechnik.

Die Geschichte der Kerntechnik ist leider untrennbar mit der Atombombe verbunden. Nicht auszudenken, welchen Verlauf sie genommen hätte, wenn sie nicht in den 1930er Jahren — mitten im fürchterlichsten Krieg der Menschheitsgeschichte — entdeckt worden wäre. Aus Angst vor dem Gegner stand die militärische Nutzung im Vordergrund. Man wollte möglichst schnell eine Bombe bauen. Dafür gab es und gibt es zwei Wege: Eine Uran-Bombe oder eine Plutonium-Bombe. Für den zweiten Weg musste ein chemisches Verfahren her, mit dem sich möglichst reines Plutonium 239 von dem Uran und den Spaltprodukten abtrennen ließ. Das PUREX-Verfahren (Plutonium Uranium Extraction) war geboren. Es ging nur darum, waffengrädiges Plutonium zu gewinnen. Alles andere war in diesem Sinne Abfall. Wegen der Waffengrädigkeit gab es nur eine geringe Spaltstoffkonzentration und praktisch keine Aktinoiden (Atome mit noch mehr Neutronen als Pu239). Dies sind gänzlich andere Bedingungen als bei „Atommüll“ aus einem Kraftwerk. Bis zum heutigen Tage hat man dieses Verfahren – wenn auch teilweise modifiziert – beibehalten. Dies mag auch damit zusammenhängen, dass (bisher) alle Nationen mit Wiederaufbereitungsanlagen auch Kernwaffenstaaten sind. Mit anderen Worten: Wirtschaftlichkeit unter besonderen Randbedingungen. Ähnliches gilt für den Druckwasserreaktor: Er ist eigentlich kein besonders glückliches Modell, um elektrischen Strom in einem Kraftwerk herzustellen, aber das geeignetste Schiffsantrieb (Atom-U-Boot). Entsprechend sind überall auf der Welt konzentriert Mittel für Forschung und Entwicklung in dieses Modell geflossen. Mit dem Ergebnis, dass er heute den Markt für zivile Kraftwerke dominiert. Durch das Trauma der Irankrise stoppte Jimmy Carter (selbst mit kerntechnischer Ausbildung) die zivile Wiederaufbereitung in den USA. Da die USA über gewaltige preiswerte Uranvorkommen verfügen, wollte er durch eine langfristige „Zwischenlagerung“ abgebrannter Brennelemente eine Weiterverbreitung der Wiederaufbereitungstechnologie eindämmen. Ein — wie wir heute wissen — zum Scheitern verurteilter Weg.

Seit dem Ende des zweiten Weltkrieges gab es unzählige Konzepte für eine (rein) friedliche Nutzung der Kernkraft. Bereits in den 1950er Jahren baute man Prototypen von Kraftwerken, die das Uran besser nutzen sollten, weniger (langlebigen) Atommüll produzierten oder Thorium verwendeten. Stichworte hierfür sind Reaktoren mit schnellen Neutronen mit Natrium oder Blei/Wismuth als Kühlmittel und Hochtemperaturreaktoren mit Thorium als Brennstoff und Helium als Kühlmittel. Noch weiter ging der Schritt, Brennstoff und Kühlmittel miteinander als geschmolzene Salzlösung zu kombinieren. Bis heute verfolgt Russland beharrlich das Konzept einer „Atomwirtschaft“ aus drei Reaktortypen: Die Grundlast soll mit natriumgekühlten „schnellen Brütern“ erzeugt werden, Leichtwasserreaktoren heutiger Bauart als „Arbeitspferde“ dienen und deren „Atommüll“ in einigen wenigen Salzbadreaktoren „verbrannt“ werden. Worin bestehen nun die Unterschiede im Atommüll solcher (fortschrittlichen) Konzepte?

Hier kommt die Lebensdauer ins Spiel. Wäre der „Atommüll“ innerhalb von — sagen wir 300 Jahren — vollständig verschwunden, würde die Diskussion sicherlich zu einer gänzlich anderen Bewertung führen. Als Totschlagargument gegen die Kerntechnik dient die Gefahr für Jahrmillionen. Diese besteht aber nur, wenn man so langlebige Isotope, wie Plutonium und die  sog. „Minoren Aktinoiden“ weiter bestehen lässt. Genau dies fordern aber nur die Deutschen Grünen! Machen wir uns nichts vor, selbst wenn heute weltweit mit der Nutzung der Kernenergie (Brückentechnologie!) Schluss gemacht würde, würden einige tausend Tonnen Plutonium und Aktinoiden — nicht zuletzt aus der Rüstung — verbleiben. Diese sollen nach den Wünschen von Trittin und Co aus rein ideologischen Gründen einfach verbuddelt werden. Wahrscheinlich als Dünger für die Verwirklichung des Sozialismus. Diese Forderung von „Atomkraftgegnern“ kann man nur als pervers bezeichnen. Es soll eine vermeidbare Gefahr aus einer verquasten Ideologie heraus erhalten werden, um Argumente für die Durchsetzung unsinniger Investitionen in Wind und Sonne rechtfertigen zu können. Warum ist die Rückkehr zu einer Wiederaufbereitung — als erster Schritt zur Beseitigung — zwingend notwendig? Wenn ein Brennelement den Reaktor verlässt, besteht es immer noch zu rund 95% aus Uran. Ein Recycling vermindert die weiterhin zu „bewachende“ Menge auf weniger als 5%. Ein bereits nicht als gering zu schätzender Vorteil. Trennt man nicht nur das Plutonium, sondern auch die Aktinoiden ab, verbleiben die Spaltprodukte, die nach etwa 400 Jahren vollständig verschwunden sind. Plutonium wird bereits heute weltweit in konventionellen Reaktoren als Brennstoff wirtschaftlich eingesetzt. Das eigentliche Problem stellen die „Minoren Aktiniden“ dar, sie lassen sich aber in Reaktoren mit schnellem Neutronenspektrum „mit verbrennen“.

Noch einmal zur Klarstellung, um ein oft gehegtes Missverständnis zu vermeiden: Eine Wiederaufbereitung ist ein rein chemisches Verfahren, bei dem weder Radioaktivität erzeugt noch vernichtet wird. Die Radioaktivität ist am Ende des Prozesses gleich groß, wie am Anfang (abgesehen von einigen Zerfällen während des Prozesses). Jede Wiederaufbereitung dient nur zur (möglichst guten) Trennung in verschiedene Fraktionen. Die größte Fraktion ( 95% Uran) stellt das Uran dar. Da es in seiner Zusammensetzung etwa dem Natururan entspricht, ist es — vom Standpunkt der Radioaktivität betrachtet — völlig harmlos. Jeder, der beispielsweise schon mal mit einem Jumbo geflogen ist, war von mehreren Kilogramm Uran in Form von Ausgleichsgewichten etc. für Stunden umgeben. Ohne ideologische Begleitung wird hierbei offensichtlich ein „Krebsrisiko“ akzeptiert, was für 95% eines abgebrannten Brennelements plötzlich zur „Gefahr für die Menschheit“ hoch stilisiert wird. Kommen wir nun zu den rund 3% Spaltprodukten. Wenn sich Uranatome zerlegen, entsteht praktisch das gesamte Periodensystem chemischer Elemente. Die neu entstandenen Elemente sind überwiegend radioaktiv und zerfallen in bekannten Ketten weiter, bis ein stabiler Zustand erreicht wird. Als Maßstab für die Lebensdauer verwendet man die Halbwertszeit. Das ist die gemessene Zeitdauer, nach der genau noch die Hälfte der ursprünglichen Stoffmenge vorhanden ist. Dieser Zerfall ist übrigens durch nichts zu beschleunigen oder zu verlangsamen. Es hat sich eingebürgert, die zehnfache Halbwertszeit als die Zeitdauer anzusetzen, nach der der Stoff (praktisch, d. h. bis auf weniger als ein Promille) verschwunden ist. In diesem Zeitraum ist eine sichere Lagerung erforderlich. Ob es sinnvoll ist, die Spaltprodukte in Salzstöcke zu verbuddeln, dazu später. An dieser Stelle ist fest zu halten, dass die Spaltprodukte kein Problem für geologische Zeiträume, sondern allenfalls wenige Jahrhunderte  darstellen. Ein Zeitraum, der sonst — es sei hier nur auf „chemische Gifte“ und deren Deponien verwiesen — gesellschaftlich locker akzeptiert wird.

Kommen wir nun zum „Endlagerproblem“. Lediglich die Stoffe, die sich durch das (wiederholte) Einfangen eines Neutrons ohne Spaltung gebildet haben, ergeben wegen ihrer langen Halbwertzeit ein „Problem für die Menschheit“. Dies fängt beim Plutonium an und setzt sich über die Gruppe der „Minoren Aktinoiden“ fort. Es war immer geplant, das eine Prozent Plutonium aus den „abgebrannten“ Brennstäben zu extrahieren und im Kraftwerk wieder als Brennstoff zu verwenden. So kann aus etwa sieben abgebrannten Brennstäben ein neuer (sog. Mischoxid) hergestellt werden. Nebenbei gesagt, eine Technologie die in Deutschland entwickelt und zur Anwendung gebracht wurde. Durch die Hysterie von Rot/Grün („Plutoniumfabrik“ in Hanau) ist dieser Vorteil verspielt worden, wird dafür aber überall in der Welt dankend weiterverwendet. Neuerdings auch großtechnisch in Japan. Ein Anhaltspunkt, wie groß der technische Fortschritt in Deutschland auf diesem Gebiet einmal war, bis der „Taxifahrer“ Joseph Fischer seinen Hass auf das System als Umweltminister in Hessen auszuleben begann. Das war die Geburtsstunde der „Endlagerproblematik“, die dann von Müller/Trittin/Schröder/Fischer mit der Neufassung des „Atomgesetzes“ und dem darin enthaltenen Verbot der Wiederaufbereitung und der „Konditionierung der Brennelemente“ in Gorleben und deren Endlagerung vollendet wurde. Man kann es sehen, wie man es sehen möchte, als Plan zur Deindustriealisierung Deutschlands oder als Vorbereitung der persönlichen Lebensplanung: Müller anschließend im Kohlengeschäft, Schröder und Fischer im internationalen Gashandel.

Von der gesamten „Endlagerproblematik“ bleiben bisher nur die „Minoren Aktinoide“, die sich im Bereich einiger Promille des abgebrannten Brennstoffes bewegen, übrig. Bisher wurden diese international wegen ihrer geringen Menge nicht als Problem betrachtet. In Frankreich z. B. sollen sie zusammen mit den Spaltprodukten in Glas eingeschmolzen und langfristig gelagert werden. Sie lassen sich nur recht aufwendig mit dem PUREX-Verfahren abtrennen. Allerdings war ein solcher zusätzlicher Verfahrensschritt bei der Wiederaufbereitungsanlage in Wackersdorf bereits in der technischen Planung. Der Baustopp der Anlage Wackersdorf war übrigens das erste Bubenstück des Herrn Müller, welches ihn anscheinend zum Minister — parteilos — unter Schröder qualifizierte. Gleichwohl, hat man die Aktinoiden erst mal chemisch aus der Suppe der Spaltprodukte abgetrennt, ist ihre Beseitigung — unter Energiegewinnung — nur eine Frage „überschüssiger“ Neutronen. Egal ob man diese aus „schnellen“ Reaktoren (international favorisierte Lösung), Spallationsquellen (Deutschland) oder Laser-Fusion (USA) bezieht. Alle Verfahren funktionieren und sind bereits erprobt, aber mehr oder weniger kostenintensiv. Bezüglich der Kosten hat aber in den letzten Jahren grundsätzlich eine Verschiebung stattgefunden: Kerntechnik ist nicht mehr in Konkurrenz zu billigem Öl und Kohle, sondern als Alternative zu den exorbitant hohen Kosten der „erneuerbaren“ Energien zu bewerten. Sollte tatsächlich die Versorgung durch Wind und Sonnenenergie die neue Vergleichsbasis werden, wird schlagartig das „Jahrtausend der sauberen Kernenergie“ ausbrechen. Im Moment spricht vieles dafür. Asien (China, Japan, Südkorea und Indien) setzen bereits voll auf diese Karte. China sieht Kerntechnik als die kommende Schlüsseltechnologie an und will auf diesem Gebiet Weltmarktführer werden. Die USA entwickeln gerade fieberhaft eine Antwort auf diese Herausforderung. Nur Deutschland setzt tapfer auf „Plastikflügel auf Stahlmasten“. Wer das verstehen will, sollte sich mal in die Archive begeben und die Flugblätter der „Anti-Atomkraft-Bewegung“ noch einmal lesen. Dort wurde die Nutzung von Wind und Sonne nie als „High-Tech“ verkauft, sondern stets als „Angepaßte Technologie“ bezeichnet. Sie sollte gerade ein Gegenmodell zur Industriegesellschaft bilden. Sozusagen mit dem Windrad auf dem Biobauernhof in die schöne neue Welt des Sozialismus. Überspitzt könnte man auch sagen: Kampuchea light.

Abschließend stellt sich die Frage, ob „Atommüll“ überhaupt Müll ist. Spaltprodukte sind genauso Abfall, wie eine Plastiktüte oder sonstiger Schrott. Sie enthalten jede Menge wertvoller Rohstoffe. Es gibt bereits in Indien ein kommerzielles Projekt, was sich mit der Extraktion von Rhodium beschäftigt. Man ist dort der Meinung, dass allein der Gehalt an Rhodium und Palladium (beides wichtige Ausgangsmaterialien für Katalysatoren) im „Atommüll der Welt“ zu heutigen Preisen bereits mehrere hundert Milliarden Dollar beträgt. Indien ist mit diesen Gedanken nicht allein. Wir erinnern uns, die Aktivität nimmt mit der Zeit exponentiell ab. Der erste Atommüll aus den frühen Atombombenprogrammen ist schon über 60 Jahre alt, d. h. bereits stark abgeklungen. Je geringer die Aktivität, je einfacher und damit billiger ist er technisch handhabbar. Deshalb gibt es in keinem Land der Welt — mit der einzigen Ausnahme Deutschland — mehr das Konzept einer Endlagerung. Überall geht man heute von einer zwar langfristigen aber stets rückholbaren Lagerung aus. Ob dies oberirdisch (USA), in Kammern im Granitfels (Finnland) oder unterirdisch in Ton (Schweiz) erfolgt, ist nahezu Geschmackssache. Technisch hat alles seine Vor- und Nachteile. Der Atommüll ist eine der seltenen Ausnahmen, wo das spielen auf Zeit durchaus wirtschaftlich ist. Je länger man mit dem Recycling wartet, desto einfacher ist die Handhabung. Die Lagerkosten sind wegen der geringen Mengen zu vernachlässigen. Wir erinnern uns: 1 g Uran setzt soviel Energie frei, wie 3.000.000 g Kohle. Die Lagerkosten spielen bezogen auf seinen Wert eine geringere Rolle als bei Gold.

Nun noch ein paar Worte zu den „Endlagern“. In jedem Land wurde nach den „besten“ unter den „möglichen“ Standorten gesucht. Kleine Länder haben deshalb nur eingeschränkte Auswahlmöglichkeiten. Wenn man einen Stoff, den man als gefährlich ansieht, über sehr lange Zeiträume von „menschlichen Aktivitäten“ fern halten will, muss man unter den geeigneten Formationen die auswählen, die am wenigsten wert ist. Es macht wenig Sinn, den Atommüll in Gebiete zu verbuddeln, von denen man weiß, dass sie wertvolle Rohstoffe enthalten. In Deutschland ist dieser Stoff Salz. Das ist der Grund, warum man hier Salz als „Mülldeponie“ — auch für sonstige gefährliche chemische Stoffe — verwendet und nicht z. B. alte Kohlegruben. Insofern ist die Suche nach „alternativen Standorten“ ein äußerst fadenscheiniges Argument. In Frankreich und der Schweiz will man Tonschichten verwenden und in Schweden und Finnland Granit. Das sind die dort „minderwertigsten“ geologischen Vorkommen. Ebenso ist jedem Fachkundigen, der Zustand der alten, außer Betrieb genommenen Salzbergwerke Asse und Morsleben (dort ruht der „Atommüll“ der DDR, der wegen des richtigen Klassenstandpunktes natürlich völlig ungefährlich ist) bekannt gewesen. Ganz einfach und deutlich gesagt: Es war immer klar, dass in beide Bergwerke innerhalb kürzester Zeit Wasser eindringt. Es war deshalb — jedenfalls im Falle Asse und Schacht Konrad — immer nur die Grundlage aller Untersuchungen und Berechnungen, mit welcher Geschwindigkeit und in welchem Zeitraum aufgelöster „Atommüll“ wieder in biologisch genutzte Bereiche gelangt! Es kann immer nur um Wahrscheinlichkeiten gehen. Endlösungen gibt es nur in der Vorstellungswelt von Deutschlehrern und Sozialwirten.

Nach der Bestandsaufnahme stellt sich nun die Frage, in welche Richtung die weitere Reise gehen sollte. Der wichtigste Schritt ist, endlich Schluss mit der Realitätsverweigerung zu machen: Es gibt bereits heute „Atommüll“ und es wird auch auf jeden Fall weiterhin welcher produziert werden — unabhängig von Kernkraftwerken. Es sei denn, man will auch aus der Nuklearmedizin und Werkstofftechnik aussteigen. Das wäre allerdings das endgültige Bekenntnis zum Modell Kampuchea! Darauf ist immer wieder klar und deutlich in der Öffentlichkeit hinzuweisen. Wer das „Risiko Strahlung“ ausschalten will, muß auch die Verantwortung für die daraus resultierenden Konsequenzen (z. B. Verzicht auf Nuklearmedizin) übernehmen. Es ist jedem Menschen freigestellt, sich einer „Strahlenterapie“ z. B. bei Krebs zu verweigern. Wenn man sich aber zu einer Nutzung der „Strahlung“ entscheidet, muss man sich auch der Verantwortung des „Müllproblems“ stellen. Dies ist nicht anders, als bei einem Sonnenkollektor. Wer sich ein solches Gerät zur persönlichen Gewinnerzielung auf das Dach stellt, muss auch die Verantwortung für die Gifte bei Produktion und Beseitigung übernehmen. Die Vorstellung von einer Welt, in der es nur Vorteile oder nur Nachteile gibt, sollte sich mit dem „erwachsen werden“ erledigt haben.

Hat man die Realität zur Kenntnis genommen, geht es darum „mögliche“ Lösungen vorurteilsfrei zu diskutieren. Die Betonung liegt dabei auf „Möglichkeiten zu schaffen“. „Endlösungen“ gibt es nur in sozialistischen Weltvorstellungen. Auf die „Atommüllfrage“ übertragen heißt das: Wiederverwendung bzw. Beseitigung (Plutonium etc.) muss vor Deponierung gehen. Technische Lagerung ist einem vermeintlich kostengünstigem „verbuddeln“ vorzuziehen. Spätestens nach der Erfahrung mit der Asse und Morsleben sollte dies jedem bewusst geworden sein. Es muss endlich wieder dem Begriff der „Wirtschaftlichkeit“ Geltung verschafft werden. Ist es wirklich sinnvoll, weitere Milliarden in den politischen „Zankapfel Gorleben“ zu versenken? Technisch ist das nicht notwendig. Diverse Alternativen einer langfristigen und sicheren Lagerung stehen bereit. Aus dem sehr standfesten und trockenem Schacht Konrad könnte beispielsweise mit weit aus geringerem Aufwand ein „rückholbares“ Lager nach skandinavischem Vorbild gemacht werden. Es wäre hierzu eine rein politische Entscheidung notwendig. Deutschland muss sich wieder auf die internationale Bühne der kerntechnischen Forschung und Entwicklung begeben. Man würde uns mit offenen Armen empfangen! Allerdings kann nur Deutschland selbst, das finstere Rot/Grüne-Zeitalter der totalen Verweigerung beenden. Die Aufgabe der Politik ist es „Möglichkeiten zu schaffen“ und nicht die Welt mit ideologischen „Glaubensbekenntnissen“ und „endgültigen Lösungen“ zu fesseln. Sollten wir wirklich nichts aus unserer jüngeren Geschichte gelernt haben?

Gastkommentar Klaus-Dieter Humpich erschienen zuerst bei Denken für die Freiheit

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