Wie lange sollen die Atomkraftwerke laufen? Mit welchen Instrumenten lassen sich erneuerbare Energien am besten fördern? Und vor allem: Wie sieht die künftige Energieversorgung aus? Seit Monaten wird hinter den Kulissen in Berlin über ein mögliches Energiekonzept gestritten – ohne dass eine Richtung absehbar wäre. In der WirtschaftsWoche diskutieren zwei der renommiertesten Energieexperten ihre Vorschläge, die sie exklusiv für diesen Anlass entworfen haben: Manuel Frondel, Chef-Energieökonom des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI), und Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW).

WirtschaftsWoche: Frau Kemfert, anders als Sie will das RWI die Förderung von Fotovoltaik- und Windkraftanlagen durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) abschaffen und die Stromkunden so um Milliarden entlasten. Ist das nicht vernünftig?

Kemfert: Um Himmels willen, das wäre ein großer Fehler. Durch die Förderung ist eine Technologiebranche entstanden, die Windkraftanlagen und Fotovoltaikmodule in alle Welt exportiert. Ein Ausstieg aus dem EEG würde einige Hunderttausend Arbeitsplätze vernichten.

Herr Frondel, spielen Sie den Totengräber?

Frondel: Meine Rolle ist die des rational denkenden Ökonomen. Daher differenziere ich bei den Technologien. Einige sind es wert, gefördert zu werden. Das EEG ist dafür jedoch das falsche Instrument. Nehmen wir das Beispiel Fotovoltaik: Hier produzieren wir mit Milliarden gigantische Negativrenditen. Wir haben zwischen 2000 und 2009 für die installierten Anlagen rund 52 Milliarden Euro Schulden angehäuft. Ein Großteil muss erst noch von den Stromkunden abgezahlt werden. Allein die Solarschulden aus dem vergangenen Jahr belaufen sich auf 17 Milliarden Euro. 2010 müssen wir sogar mit dem Doppelten rechnen.

Bald ist also die 100-Milliarden-Euro-Grenze erreicht?

Frondel: Genau, es sei denn, wir stoppen den Irrsinn. Denn trotz der gigantischen Subventionen hat die Einspeisevergütung nicht bewirkt, dass die deutsche Solarbranche wettbewerbsfähig ist. Ihre Anlagen sind teuer, technisch dagegen oft nur Durchschnitt. Zwei von drei hier installierten Modulen kommen daher aus dem Ausland. Deutsche Stromkunden subventionieren also über das EEG Arbeitsplätze in Asien.

Kemfert: Ihre Zahlen sind übertrieben. Das neue Gesetz garantiert eine deutliche Absenkung der Fördersätze.

Dennoch bleibt die Frage, ob wir uns das EEG weiter leisten können.

Kemfert: Wir können es nicht nur, wir müssen es uns sogar leisten. Wie gut das  Instrument funktioniert, zeigt schon die Tatsache, dass viele Länder das Gesetz kopieren, um ebenfalls eine solche Erfolgsbranche aufzubauen. England zum Beispiel. Es sind Investitionen in eine Zukunftstechnik, die von der deutschen Industrie dominiert wird und die jetzt schon weltweit gefragt ist.

Frondel: Das ist, wenn überhaupt, nur ein Teil der Wahrheit. In einer Zeit, in der die Löhne stagnieren und die Schulden explodieren, halte ich es für unverantwortlich, den Stromkunden milliardenhohe Zusatzbelastungen aufzudrücken. Wir sollten schnellstens zu einer rationalen Energiepolitik zurückkehren.

das ganze Interview finden Sie hier:

 Dazu ein Kommentar  von Heinz Thieme vom 21.06.2010

Um Gottes Willen…
Fachliche Inkompetenz ist das herausragende Merkmal jener Leute, die bei der Energieversorgung mitreden wollen und dies dank politischer Wertschätzung von Inkompetenz tun können. Kein Erinnern mehr daran, dass Kraftwerk und Netz praktisch als Einheit konzipiert werden müssen, dass Stromtransport wohl die teuerste Energietransportart ist und technisch bedingt nur über relatv kurze Entfernungen wirtschaftlich sein kann, dass es deshalb auf verbrauchsnahe Stromerzeugungsstandorte ankommt. Stromtransport verursacht Verluste und bindet erhebliche Kapitalien. Strom hat in dem Moment der Nachfrage zur Verfügung zu stehen, es reicht nicht aus tagsüber, wenn die Sonne scheint, die Leuchten einschalten zu können, nein nachts werden diese gebraucht.

Jede Religion hat ihre Blütezeit, die ökologistische wohl gegenwärtig. Seien wir uns aber gewiss, je mehr wir auf dem Altar des Ökologismus opfern, desto weniger bleibt uns zum Leben. Und gleich in doppelter Hinsicht, denn auch die Verteuerung des Standortfaktors Energie führt unvermeidbar zur Verlagerung von Arbeitsplätzen in Regionen, die dem hier gepflegten Wahnsinn nicht verfallen sind.

Sehen Sie hierzu auch die Anlagen

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