Wird es in Grönland wärmer oder kälter?

Die Botschaft ist eindeutig und wird von vielen Medien gerne immer wieder verkündet. Durch steigende Temperaturen schmilzt das Eis in Grönland immer schneller. Was dabei unerwähnt bleibt ist, dass das Abschmelzen Grönlands wohl Jahrtausende in Anspruch nehmen würde. Außerdem müssten die Temperaturen dafür dauerhaft auf ein ungewöhnlich hohes Niveau steigen und da auch bleiben. Wenden wir uns also dem ersten Teil der Aussage zu. Steigen die Temperaturen in Grönland tatsächlich? Und sind sie heute wirklich ungewöhnlich hoch?

Erwärmung oder Abkühlung?

Eine erste Suche in der Wissenschaftsdatenbank WolframAlpha [2] zeigt eine ganz andere Entwicklung (Danke an Bloggerin Huén Ten für diesen Hinweis). Danach ist die Temperatur an der Südwestküste Grönlands seit Mitte der 90er Jahre dramatisch gefallen. Kein Anstieg also.

Allerdings könnte man jetzt zu Recht einwenden, dass es sich hierbei um eine einzelne Quelle handelt und die Temperaturen an einem einzelnen Ort nicht repräsentativ für eine Insel dieser Größe sein können. Außerdem gehen die Messungen nur bis 1983 zurück. Aber zum Glück gibt es noch weitere Quellen, wo sich direkt gemessene Temperaturen für weitere Orte auf Grönland finden lassen. Eine solche ist das Goddard Institute for Space Studies der NASA (GISS) [3]. Sucht man dort nach längeren Temperaturreihen, so findet man die Messstationen Godthab Nuuk an der Westküste und Angmagssalik an der Ostküste der Insel. Beide Stationen zeigen Messdaten, die mehr als 100 Jahre zurück reichen. Und beide Stationen zeigen, dass die Temperaturen in Grönland starken Schwankungen unterworfen sind. Ebenfalls gemeinsam ist diesen Stationen, dass die wärmste Periode im Beobachtungszeitraum in den 30er und 40er Jahren lag.

Ein ungewöhnlicher Anstieg in jüngster Vergangenheit? Fehlanzeige. Stattdessen scheint es seit einigen Jahren eher kälter zu werden. Diese Abkühlung in jüngster Zeit beschränkt sich nach Satellitenmessungen nicht nur auf Grönland, sondern betrifft die gesamte Arktis [4].

Quelle: GISS

Zusammenfassend kann man also sagen, dass nach diesen Ergebnissen die heutigen Temperaturen in Grönland weder außergewöhnlich, noch besonders hoch sind.

Dieser Befund wird auch vom Klimawissenschaftler Bo Vinther von der Universität Kopenhagen bestätigt. Im Rahmen einer Studie untersuchte er die Temperaturentwicklung in Grönland anhand historischer Messungen und konnte so eine Klimageschichte aufzeichnen, die bis ins Jahr 1784 zurückreicht [5]. Der Forscher verglich Daten von insgesamt 13 Messstationen auf der Insel und folgerte aus seinen Untersuchungen:

“Das wärmste Jahr in dieser erweiterten Temperaturaufzeichnung Grönlands war 1941, während die wärmsten Jahrzehnte die 1930er und 1940er Jahre waren.”

“The warmest year in the extended Greenland temperature record is 1941, while the 1930s and 1940s are the warmest decades.”

Das Eis erzählt die Temperaturgeschichte Grönlands

Eine sogar noch weiter zurückreichende Klimageschichte Grönlands lässt sich aus den Eisbohrkernen rekonstruieren. Durch direkte Messung der Temperatur in den Bohrlöchern kann man Temperaturen aus der Vergangenheit wesentlich genauer bestimmen als das mit so genannten Proxy-Messungen der Fall ist, wo Temperaturen indirekt aus anderen Parametern abgeleitet werden. Eine solche direkte Temperaturbestimmung ist von der dänischen Forscherin Dorte Dahl-Jensen an Eisbohrkernen von zwei unterschiedlichen Stationen (GRIP und DYE-3) durchgeführt worden [6].

Das Ergebnis war eine Rekonstruktion der Temperaturgeschichte Grönlands die 50.000 Jahre zurückreicht. In der jüngeren Vergangenheit, dem Holozän, das vor etwa 10.000 Jahren begann, fand Dahl-Jensen zwei Perioden, in denen die Temperaturen deutlich höher waren als heute. Vor 1000 Jahren lagen diese etwa 1 °C über denen heutiger Tage und für den Zeitraum von vor 5000 bis 8000 Jahren wurden sogar um 2,5 °C höhere Temperaturen gefunden.

Grönland wird kälter, nicht wärmer

Wenn man all diese Befunde zusammen betrachtet, kann man Aussagen, nach denen Grönland sich in unserer Zeit außergewöhnlich erwärmt, getrost in die Kategorie der Sagen und Mythen einordnen. Seit dem Ende der letzten Eiszeit gab es mindestens drei Perioden, in denen die Temperaturen zum Teil deutlich höher lagen als heute. Während des Holozän-Optimums, während der Mittelalterlichen-Wärmeperiode und zuletzt in den 30er und 40er Jahren des letzten Jahrhunderts. Seitdem ist es also kälter geworden. Aussagen, die diese Befunde unterschlagen oder ihnen sogar widersprechen dienen in erster Linie wohl der Panikmache. Bedenken Sie dies bitte, wenn Ihnen das nächste mal jemand mit der Begründung einer außergewöhnlichen Erwärmung an den Geldbeutel oder an die Freiheitsrechte will.

[1] Maktoob.com

[2] Grönland Temperatur auf WolframAlpha (im pulldown-menue “all” wählen)

[3] Goddard Institute for Space Studies

[4] Klimanews: Die Arktis zeigt seit 2005 eine Tendenz zur Abkühlung

[5] Journal of Geophysical Research: Extending Greenland temperature records into the late eighteenth century

[6] Science: Past Temperatures Directly from the Greenland Ice Sheet

von Rudolf Kipp EIKE: Zuerst erschienen im Science Skeptical Blog