«Die Zukunft der Menschheit ist zu kostbar, um sie dem fortwährenden Nationalstaaten-Mikado preiszugeben. Nun sind Pioniere aus allen Bereichen der Weltgesellschaft gefragt.»

Das erklärte Professor Hans-Joachim Schellnhuber, Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats der deutschen Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU), nach dem Rio+20-Palaver mit bis zu 50 000 Teilnehmern, das mit einer vagen, mit hohlen Schlagworten gespickten Abschlusserklärung endete. Trotz der Führungsschwäche der Nationalstaaten sei aber die «Transformation zur Nachhaltigkeit» aufgrund von Allianzen zwischen «Pionieren des Wandels»  bereits in vollem Gang.

Doppelte Profiteure

Zu diesen Pionieren zählt der WBGU wohl auch jene internationalen Rohstoff- und Nahrungsmittelkonzerne, die damit begonnen haben, ganze Länder in Soja-, Mais-, Raps- oder Ölpalmen-Monokulturen zu verwandeln, um sich für die Produktion von Bio-Treibstoffen von der International Sustainability and Carbon Certification (ISCC) CO2-Emissions-Gutschriften im Rahmen des Clean Development Mechanism (CDM) des Kyoto-Protokolls über den Klimaschutz bescheinigen zu lassen. Auf diese Weise können die Konzerne an der vorgeblichen Rettung der Welt gleich zweimal verdienen.

Sustainability, im Deutschen ungenau mit Nachhaltigkeit übersetzt, ist zu einem Zauberwort geworden, das heute kaum noch jemand kritisch zu hinterfragen wagt, weil es scheinbar etwas Selbstverständliches – die Bevorzugung seriöser Geschäfte gegenüber dem auf Täuschung beruhenden schnellen Reibach – bezeichnet. In der Praxis gilt aber die Verminderung der Produktion des zum «Klimakiller« erklärten Pflanzennährstoffs CO2 mehr und mehr als wichtigster, wenn nicht alleiniger Indikator nachhaltigen Wirtschaftens.

Dabei nehmen dessen Protagonisten offensichtlich in Kauf, dass die von ihnen angeheizte Konkurrenz zwischen Tank und Teller die Zahl der Hungernden wieder steigen lässt. Sie nehmen auch in Kauf, dass die von ihnen geförderten angeblich CO2-neutralen Monokulturen dem in der Rio+20-Erklärung wiederholt beschworenen Erhalt der Biodiversität fundamental widersprechen. Somit führt die mit dem Klimaschutz begründete Politik gerade die Zustände herbei, vor denen sie gewarnt hat.

Kein geschlossenes System

Eine solche sich selbst erfüllende Prophezeiung ist das Kennzeichen aller Politikansätze, die sich direkt oder indirekt auf Thomas Robert Malthus (1766 bis 1834) berufen. Mit seiner Behauptung, es gehe gar nicht anders, als dass die Nahrungsmittelproduktion mit Naturnotwendigkeit hinter der Bevölkerungsentwicklung zurückbleibe, wurde Malthus zum Urheber einer ökonomischen Denkrichtung, die sich die Welt nur als geschlossenes System vorstellen kann. In einer solchen Welt ist kein Platz für das Wechselspiel von Angebot und Nachfrage, für freien Austausch zu beiderseitigem Vorteil und Innovationen. Möglich sind nur Nullsummenspiele und die planwirtschaftliche Rationierung eines scheinbar ein für allemal gegebenen Ressourcenvorrats.

Die Hungersnöte, vor denen Malthus als Vertreter des gesellschaftlich absteigenden Landadels warnte, wurden erst durch die Einführung hoher Getreidezölle im Interesse dieser Schicht durch das berüchtigte Corn Law und die dadurch verursachte Explosion des Brotpreises heraufbeschworen. Nach dem Fall des von den Manchester-Liberalen um Richard Cobden und John Bright bekämpften Corn Law im Jahr 1848 und dem damit verbundenen vorläufigen Sieg der Idee einer offenen Welt des Freihandels gab es in Europa zu Friedenszeiten keine Hungersnot mehr.

Lange Reihe von Warnern

Einer der bekanntesten Verfechter des Malthusianismus und der damit begründeten «Vernichtung lebensunwerten Lebens» im 20. Jahrhundert war John Maynard Keynes, der bis kurz vor seinem Tode der britischen Gesellschaft für Eugenik vorstand. In Schweden hat das Ökonomen-Ehepaar Alva und Gunnar Myrdahl einen ähnlichen Ansatz vertreten. Unter Berufung darauf wurden in Schweden bis zum Jahr 1976 über 60 000 «hochgradig lebensuntaugliche Individuen» sterilisiert, oft gegen ihren Willen. In Amerika forderten Paul und Anne Ehrlich in ihrem 1968 erschienen Bestseller «Die Bevölkerungsbombe»  die Reduktion der Weltbevölkerung auf anderthalb Milliarden Menschen. Der im Jahr 1972 erschienene Bericht des Club of Rome «Die Grenzen des Wachstums» war lediglich eine Fortschreibung dieser Weltsicht via Computersimulationen. Bekanntlich haben chinesische Machthaber damit ihre strenge Ein-Kind-Politik mit Hilfe von Zwangssterilisierungen und Kindestötungen gerechtfertigt. Die dadurch herbeigeführte, ungünstige Bevölkerungsstruktur wird wohl das chinesische Wirtschaftswunder bald abwürgen.

Umverteilungsmaschinerie

Wie eingangs angedeutet, führen die Gründe der «Klimapolitik» zu einer sich möglicherweise selbst erfüllenden malthusianistische Prophezeiung. Der Ökonom Ottmar Edenhofer, Co-Vorsitzender des Weltklimarates IPCC, hat deutlich gesagt, worum es beim Klimaschutz im Kern geht: Um den Anstieg der Durchschnittstemperatur der Erde auf zwei Grad Celsius zu begrenzen, dürften die Menschen bis zum Ende des 21. Jahrhunderts höchstens noch 750 Gigatonnen CO2 freisetzen. Eine Welt-Kohlenstoffbank müsse den Einsatz kohlenstoffhaltiger Rohstoffe dementsprechend rationieren. Die in den vergangenen Jahren entdeckten riesigen «unkonventionellen» Erdöl- und gasvorräte sollen deshalb unter der Erde bleiben. In einem am 14. November 2010 in dieser Zeitung veröffentlichten Interview erklärte Edenhofer: «Wir verteilen durch die Klimapolitik de facto das Weltvermögen um. Dass die Besitzer von Kohle und Öl davon nicht begeistert sind, liegt auf der Hand. Man muss sich von der Illusion freimachen, dass internationale Klimapolitik Umweltpolitik ist.» 

Es ist äusserst schwierig, die Stichhaltigkeit der Hypothese einer Aufheizung der irdischen Atmosphäre durch CO2 und andere Treibhausgase durch naturwissenschaftliche Experimente zu überprüfen. Wir sollen die Geschichte von der menschlich verursachten Erderwärmung einfach glauben. Aufgrund historischer Erfahrungen kann es jedoch als sicher gelten, dass der damit begründete Versuch der Errichtung einer weltweiten Planwirtschaft erst den Mangel und die Armut schaffen wird, die zu bekämpfen er vorgibt.

Edgar L. Gärtner; EIKE ist Hydrobiologe und Fachjournalist für Energie und Chemie, Frankfurt am Main. Zuerst erschienen in der NZZ unter "Green Economy – nur aufgewärmter Malhusianismus" am 23.8.2012 

Einen entsprechenden Beitrag zu den Möglichkeiten und Segnungen der  "Green Economy" hat auch der von Frau v.d. Leyen als "brillianter Experte" (Bei Jauch am 26.8.12) eingestufte Bundesumweltminister Peter Altmeier verfasst. Unter wenigstns einem "Paradigmenwechsel" fängt dieser Experte gar nicht erst an. Mit Dank an Leser Heinzow

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