MADRID, 15. November (Reuters) – Die vermutliche neue Mitte-Rechts-Regierung in Spanien plant eine massive Revision des Energiesektors, wobei möglicherweise Subventionen für Wind- und Solarenergie ganz gestrichen werden. Die Schuldenkrise der Eurozone macht diese Zuwendungen nämlich sehr teuer.

Es wird erwartet, dass die Mitte-Rechts-Volkspartei die Wahlen vom 20. November mit großer Mehrheit gewinnen und Kontrolle über das Unterhaus erlangen wird.* Parteichef Mariano Rajoy hat wiederholt signalisiert, dass er den Energiesektor reformieren will, allerdings ohne Details zu nennen.

Der umfangreiche Ausbau der erneuerbaren Energie machte Spanien zu einem Weltführer in diesem Bereich und reduzierte dessen Abhängigkeit von Ölimporten, aber das Ergebnis sind mit Schulden überhäufte Einrichtungen, und die Verbraucher stehen vor schmerzhaften Preissteigerungen für Kraftwerke, die sie kaum nutzen.

„Wir können uns die hohen Energiekosten nicht leisten, und die Regierung kann nicht weiterhin auf extrem teure Energiequellen für spanische Haushalte setzen“, sagte Jaime Legaz, Vorsitzender der FAES-Denkfabrik der Volkspartei.

Das Kappen der Subventionen für Kraftwerke aus erneuerbaren Energien würde das weitere Anwachsen des Schuldenberges verhindern, und die Verbraucher müssten sich an allmähliche und nicht plötzliche Preissteigerungen gewöhnen. Die Anpassung an die wirklichen Stromkosten wäre so einfacher.

Niedrigere Subventionen für Erneuerbare würden auch Mittel für das Lieblingsprojekt der Volkspartei frei machen, nämlich Investitionen in Verbindungen mit Kraftwerken im übrigen Europa. Dies würde helfen, die Überkapazitäten im Energiebereich abzubauen und zu Investment ermuntern.

Mächtige Volksbewegungen haben vor Kurzem Schritte unternommen, um Druck auf die neue Regierung auszuüben, das Defizit in Höhe von über 20 Milliarden Euro anzugehen. Dieses Defizit hat sich angehäuft, weil Strom zu regulierten Tarifen verkauft worden ist, die zu niedrig lagen, um die Kosten von 10 Jahren zu decken.

Anders als Deutschland, wo die Kosten der Erneuerbaren direkt an den Verbraucher weiter gegeben werden, hat Spanien diese Zahlungen immer weiter hinaus geschoben, indem es die Einrichtungen verpflichtete, diese Kosten aus ihren Bilanzen als vom Staat gestützte Schulden herauszuhalten, was als „Tarifdefizit“ bekannt ist. Es wurde versprochen, dass der Verbraucher diese Schulden durch eine graduelle Erhöhung der Strompreise zurückzahlen werde.

Die sozialistische Regierung, von der erwartet wird, dass sie nach sieben Jahren an der Macht bei den Wahlen herbe Verluste hinnehmen muss, hat im vorigen Jahr ein Übereinkommen mit den Einrichtungen getroffen, wonach das Tarifdefizit eliminiert werden sollte.

Unter diesem Übereinkommen hat die Regierung nach und nach Milliarden von Euro durch den Kauf von Staatsanleihen ausgegeben, aber die Schuldenkrise der Eurozone hat die Aufwendungen Spaniens für Zinsen erheblich steigen lassen, was die Anleihen stark verteuert hat.

„Am Ende kann es eine dauerhafte Lösung des Tarifdefizits bei der Energie nur durch unpopuläre Maßnahmen geben, sei es, dass der Verbraucher mehr zahlen muss, oder dass Erlöse der Industrie beschnitten werden“, sagte Alvaro Navarro von der Brokergesellschaft Intermoney.

„Man kann es auch mit dem öffentlichen Defizit zusammen führen, aber angesichts der spanischen Ziele, das Defizit zu verringern und der Schuldenkrise in der Eurozone sieht das extrem schwierig aus“.

Sonne und Wind

Es wird erwartet, dass sich eine Regierung der Volkspartei auf die Kürzung von Subventionen für diese Energiequellen konzentrieren wird, die relativ wenig zur Stromerzeugung im Vergleich zu den Kosten für die Verbraucher beigetragen haben, wie z. B. Photovoltaikpaneele (PV) und konzentrierte solare Energie (CSP), welche Spiegel zur Erzeugung thermischer Energie verwendet.

Aber selbst die kosteneffektivere Windenergie könnte betroffen sein.

Eine neue Regierung würde eine Blockierung zwischen der gegenwärtigen Regierung und der Windkraftindustrie erben, und zwar über Subventionen für neue Kraftwerke nach 2012, nachdem diese Industrien das letzte Angebot der Regierung als unzureichend abgelehnt hatten.

Obwohl die großen Drei der spanischen Versorgungseinrichtungen – Iberdrola, Gas Natural und Endesa – groß an dem Boom der Erneuerbaren verdient haben, machen sie sich über das Ende der Subventionierung künftiger Kapazitäten nicht allzu viele Gedanken, sofern die bestehenden Kapazitäten nicht angetastet werden.

Der Chef von Iberdrola, Ignacio Sanchez Galan hat kürzlich die Subventionspolitik verdammt.

„Wir haben hinsichtlich der solaren PV-Energie unvernünftige Entscheidungen getroffen, lassen Sie uns diese nicht bei der thermischen Solarenergie wiederholen!“ sagte er auf einer Veranstaltung der Industrie.

Die Einrichtungen haben wenig in den spanischen PV-Boom investiert, der von kleinen Kompanien übernommen worden ist. Ein führender Mitspieler bei der CSP ist die spanische mittelständische Firma Abengoa, die sich für die Unterstützung der Regierung mit dem Argument stark macht, diese schaffe Arbeitsplätze und treibe die Entwicklung der Technologie voran.

Der Hersteller von Windturbinen Gamesa könnte mit einem Einfrieren der Kapazität infolge einer erheblichen Verlangsamung beim Bau neuer Windfarmen und Verkäufen anderswo leben, obwohl sich Fabriken in Spanien der Schließung gegenüber sehen könnten, wenn die Subventionen für Windenergie eingestellt werden.

Kleinere Hersteller sowie Entwickler von Wind- und Solarparks, die davon abhängen, könnten auch betroffen werden, was Arbeitsplätze im Bereich der Erneuerbaren kosten könnte, wo derzeit über 100 000 Arbeiter beschäftigt sind, und das in einem Land, in dem ein Fünftel aller Arbeitsfähigen Arbeitslosengeld beziehen.

Eine Forderung der Stromindustrie an die Volkspartei lautet, dass Smart Grids und Smart Meters entwickelt werden müssen, um die unterschiedliche Nachfrage von Strom an die sich rasch verändernde Stromerzeugung der Erneuerbaren anzupassen. Dies sollte im politischen Programm der Volkspartei enthalten sein.

Darin heißt es, dass man den Betrieb von Kernkraftwerken erlauben sollte, solange der CSN-Regulator das für sicher erachtet, und Rajoy, der Vorsitzende der Volkspartei, hat schon lange gesagt, dass er die Entscheidung der Sozialisten, das alternde Garona-Kraftwerk zu schließen, rückgängig machen werde.

Analysten schließen nicht aus, dass eine Steuer auf die billige Kernkraft erhoben wird, die in die Förderung der Windenergie fließen soll, was das Tarifdefizit, das die Verbraucher den Einrichtungen schulden, lindern könnte, und zwar im Austausch für den Weiterbetrieb von Kraftwerken.

 „Eine Steuer auf Kernkraftwerke könnte man sich überlegen, um die Systemkosten zu reduzieren”, sagte Espirito Santo Investment in einer Note.

Dem Programm der Volkspartei zufolge soll bei der Europäischen Union Lobbyarbeit betrieben werden, um Spaniens geringe Stromverbindungen mit dem Rest des Kontinents zu verstärken. Außerdem will man die Politik der gegenwärtigen Regierung weiterführen, Spanien zu einem Einfallstor von nordafrikanischem Gas für Europa machen.

Pläne, die zwischenstaatlichen Verbindungen mit Frankreich zu erweitern, bis sie ein Drittel des spanischen Gasbedarfs bis 2014 decken können, wurden von französischen Energieplanern verzögert.

Jonathan Gleave

Link: http://www.reuters.com/article/2011/11/15/spain-election-energy-idUSL5E7M24AP20111115

*Dieser Text war vor diesen Wahlen erschienen – siehe Datum! Bei Erscheinen kann man gleich prüfen, ob die Einschätzung von Gleave richtig war. A. d. Übers.

Übersetzt von Chris Frey für EIKE

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